„Delber machen!“ – Oder: eine frühe Emanzipationsphase?

selber machen Kleinkinder in er Trotzphase

Diese zwei kleinen Worte gehören zu den derzeit wohl am häufigsten genannten Sätzen. So geht es jetzt schon seit ein paar Wochen, jeden Tag wird es etwas schlimmer. Ich kann es nicht mehr hören. Und nun, da sie ja krank und zu Hause ist, fällt es richtig auf. Wahrscheinlich kommt noch dazu, dass sie von der ruhigen Umgebung und dem fehlenden Kindergeschrei ihres Kita-Alltages maßlos unterfordert ist und sich dann eben uns als Ventil sucht.

Selber machen – das A und O

Das Kind soll sich hinsetzen? „Delber machen“. Ich möchte ihr ein Marmeladenbrot schmieren? „Delber machen“. Ich möchte ihren Mund abwischen? „Deelber maachen“. Ich möchte ihre Zähne putzen? „Dääälber maaachen!“. Ich wage es ihr den Schuh anziehen zu wollen? „Däääälber maaaachen!!!!“. Es ist sinnlos. Und da haben wir noch nicht einmal die Wohnung verlassen.
Egal was man mit ihr macht, man muss sie mit Samthandschuhen anfassen, immer fragen, ob man etwas machen darf, in die Entscheidung einbeziehen. Sonst wird sofort blockiert, sich auf den Boden geworfen, hin und her gewälzt und geschrien, gnadenlos geheult, mit filmreifen Kullertränen. Ich habe das Gefühl, dass sie dabei – ohne Eitel sein zu wollen – mich auch etwas versucht nachzumachen. Sie will mich füttern, so wie ich sie füttere, sie will mit mir den Sitzplatz tauschen, sie will mir die Schuhe anziehen. Und mit dem Wunsch ihre Sachen selber anzuziehen, zu Essen, zu laufen… will sie so selbstständig sein wie ich (und natürlich auch der Papa). Nur so ein Gedanke.

„Delber machen“ ad absurdum

Auf jeden Fall: die letzten zwei Tage hat das Ganze dann seinen bisherigen Höhepunkt erreicht. Einmal hat der Papa es gewagt sie eine große Treppe herunterzutragen. Kaum hatte er sie wohlbehütet auf dem Boden abgestellt, heulte sie „delber machen!“, läuft schluchzend die Treffe wieder hinauf, nur um selber den Weg zu gehen. Oder ich gebe ihr ein Stück vom Brötchen und stecke den Rest wieder in die Tüte. Ihr könnt es raten: „Delber machen“ und schon greift sie in die Tüte, holt das Brötchen heraus, um es sogleich wieder zurückzutun. Scheinbar habe ich ihren Wunsch nach Selbstständigkeit so internalisiert, dass ich dann gestern spontan mein Kind ins Auto steigen ließ und ich es mir auf dem Beifahrersitz bequem machte. Mein Freund guckte mich verdutzt von der Seite an und meinte trocken: „Soll sich unser Kind selber anschnallen?“ Soweit waren wir dann wohl doch noch nicht.

Helfen lassen geht

Schwierig ist es aber eigentlich nur bei den Dingen, die sie potenziell schon selber kann. Denn wenn sie es kann, warum darf sie es dann nicht machen? Argumente wie „Wir haben keine Zeit, wir müssen uns beeilen oder die Mama kann es besser“ zählen hier nicht. Zudem scheint sie ein gutes Gespür dafür zu haben, was sie noch nicht beherrscht. In diesem Fall darf ich mithelfen. Entweder heißt es dann „dudammen machen“ oder sogar, allerdings eher selten, „Mama helfen“. Da lass ich mich natürlich nicht zweimal bitten und zeige ihr geduldig, wie es funktioniert. Schließlich soll sie es ja irgendwann beherrschen und mir dann vorheulten, dass sie es nicht selber machen darf 😉

Bedürfnisse artikulieren lernen

Im Blog „Babykram und Kinderkacke“ hatte ich letztens einen ähnlichen Beitrag gelesen, nur dass das Kind hier immer erster sein möchte. Und sicherlich sind wir mit unseren Kindern nicht allein, quasi alle Kinder durchlaufen diese Trotzphase, wie es so schön genannt wird. Irgendwo hatte ich gelesen, dass das Kind in dieser Zeit beginnt selbstständig zu denken und zu handeln. Es lernt seine Bedürfnisse und Wünsche zu artikulieren und für seine Ziele zu kämpfen. So gesehen ist es doch eine tolle Sache, diese Trotzphase. Denn diese Eigenschaften sind doch die wichtigsten Voraussetzungen für einen gesunden heranwachsenden kleinen Menschen…
So, diese Worte muss ich unbedingt im Hinterkopf behalten, wenn Wirbelwind ihre Hand an ihren Stuhlverschmierten Po hält, weil sie ihn unbedingt selber sauber machen möchte…

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