Unser soziales Wölkchen – von Sensibilität und Empathie bei Kleinkindern

Empathieverhalten bei Kleinkindern

„Ich bin traurig“, hört man es aus dem kleinen, kindlichen Mund. Dabei senkt sich der Kopf und die Unterlippe schiebt sich nach vorne. „Ich bin traurig“, wiederholt sie erneut und schaut mich mit großen Augen an.

Nein, ich rede hier nicht von unserem fünfjährigen Wirbelwind. Sie hat solch einen Satz noch nie von sich gegeben. Ich spreche hier von unserem zweijährigen Wölkchen. Zwei Jahre (genauer gesagt, fast zwei Jahre und fünf Monate) ist sie alt und damit noch fast mein Baby (zumindest fühlt es sich für mich so an!). Und doch zeigt sie immer öfter, dass sie eben dem Babyalter längst entwachsen ist und so viel reifer ist, als ich es manchmal vermuten würde. Wie in diesem Moment, in dem sie ihre Stimmungslage so klar artikuliert. Sie ist traurig. „Iss weine“, sagt sie auch manchmal, wenn sie jammert, weil ihr Wirbelwind beispielsweise ihr Spielzeug weggenommen hat. Sie analysiert sich und ihre Gefühlswelt für ihre zwei Jahre bereits erstaunlich genau. Ja, ich bin verblüfft. und ich möchte Euch hier auf eine kleine Reise mitnehmen, die zeigt, wo sich noch weitere empathische Blüten zeigen.

Suchen nach Nähe

Im Prinzip fängt unsere Reise bereits kurz nach der Geburt an. Schnell wurde uns klar, dass sich Wölkchen nicht einfach im Kinderwagen oder im Babybettchen ablegen ließ. Schlafen auf Mamas und Papas Brust, im Elternbett und im Tragetuch waren ihr da deutlich lieber. Ein 24-Stunden-Kuschelbaby quasi. Diese Nähe sucht sie auch heute noch immer wieder. Hier auf den Schoß setzen, dort Hand halten und auch jetzt noch immer wieder tragen, tragen, tragen. Die Nähe zu anderen Personen war und ist ihr enorm wichtig.

Puppen- und Rollenspiele

Schon als Baby schaute sie sich unsere Gesichter sehr genau an, befühlte sie mit unseren Händen. Als sie sprechen lernte, gehörten die Gesichtsteile, wie Nase, Auge, Ohr, Mund und Kinn bald zu ihrem Wortschatz, den sie gleich an ihrer Puppe demonstrierte. Überhaupt spielt sie viel lieber mit Puppen, als Wirbelwind im selben Alter. Sie drückt sie, fährt sie im Buggy herum und macht überhaupt sehr gerne Rollenspiele. Derzeit ist sie mit Vorliebe das Baby. Wirbelwind, ihr großes Vorbild, die Mutter. Dann liegt sie im Bett und versucht das Schreien eines Babys zu imitieren und ruft nach ihrer „Mutter“ Wirbelwind. Schon paradox, wenn man bedenkt, dass sie selber vor Kurzem noch ein Baby war. Auch liebt sie es Arzt zu spielen. Dann durchwühlt sie den Arztkoffer, horcht mich ab, und legt mir einen Verband an.

Imitation von Gesten und Mimiken

Gesellschaftliche Verhaltensweisen, Gestiken und Mimiken saugt sie auf wie einen Schwamm, um sie in der passenden Situation wieder vom Stapel zu lassen. Dann ist es äußerst lustig anzusehen, wenn sie, wie ich es tue, am Tisch ihren Kopf auf ihre Hände stützt oder ihre Beine im Schneidersitz positioniert. Gerne imitiert sie auch das leicht überdrehte Lachen von Wirbelwind und ihre verrückten „Moves“.

Sensibilität für Stimmungen

Wie eingangs beschrieben, versucht sie ihre eigenen Stimmungen und Gefühle klar zu artikulieren und einzuordnen. Eine Fähigkeit, die mich an meinem kleinen Wölkchen immer wieder überrascht. Auch wenn wir uns ein Kinderbuch anschauen, in dem ein Baby weint, merkt sie ergriffen an „Baby is traurig!“

Gleichzeitig ist sie auch sehr sensibel für die Gefühlswelt anderer und der generellen Stimmung in Situationen. Letztens, als ich Wölkchen aus dem Kindergarten abholen wollte, regnete es gerade los. Als ich den Garten betrat, huschten alle Erzieherinnen mit den Kindern hinein. Wölkchen erfasste die aufgeregte Stimmung und fing überfordert an zu Weinen. Sie deutete die Hektik als Gefahr und bekam angst. Ich flitzte zu ihr, nahm sie hoch und lachte sie an: „Oh, es fängt an zu regnen. Jetzt werden Deine Haare nass!“. Ich wuschelte ihr durch das Haar und wir gingen ganz ruhig rein. Sie sah mich überrascht an, überlegte kurz und lachte dann mit mir. Eine Situation die mir noch einmal ganz deutlich vor Augen führte, wie anfällig Wölkchen für Stimmungen ist.

Sich in andere hineinversetzen

Empathie beschreibt ja die Fähigkeit, sich in andere hineinversetzen zu können. Was denken andere, was fühlt der Gegenüber, was könnte er sich jetzt wünschen? Mit der Autonomiephase wird der erste Meilenstein für die Entwicklung gelegt. Sie lernen ihre eigenen Gefühle und die ihrer Mitmenschen zu verstehen. Wölkchen befindet sich also im perfekten Alter, in welchem sie gerade genau diese Erkenntnis beginnt zu erfassen. Hier ein paar Beispiele, in denen sie zeigt, dass sie sich versucht in die Gefühls- und Gedankenlage anderer hineinzuversetzen:

1. Ich halte Wölkchens Hand, damit sie die kleine Mauer entlang laufen kann. Irgendwann steigt sie herunter, geht auf die andere Seite, nimmt meine andere Hand und fragt: „Mama auch Mauer laufen?“. Es ist eine erste Form von Empathie, in welcher das Kind versucht seine eigenen Wünsche auf die anderer Personen zu übertragen.

2. Wir sind baden. Wölkchen ist im Wasser, ich stehe daneben. Sie fragt mich, ob ich auch ins Wasser möchte. Ich verneine. Sie schaut mich an, überlegt kurz und meint: „Mama nicht baden. Mama kalt!“ Hier hat Wölkchen mein „Nicht-Baden-Wollen“ versucht zu begreifen und sich eine (in diesem Fall sogar stimmige) Erklärung überlegt.

3. Sie schaukelt. Ich sage, dass ich auch gerne mal schaukeln würde. Sie sagt natürlich, dass sie selber schaukeln will. Nach einer Weile steht sie auf, tritt zur Seite und zeigt auf die Schaukel, um mir zu signalisieren, dass sie mir nun den Vortritt lässt. Es ist ein Verhalten, dass sich aus meiner Sicht nur dann zeigt, wenn das Kind erkennt, dass es mir damit eine Freude bereiten kann.

4. Doch den Vogel schoss Wölkchen heute ab. Nachdem ich beide Kinder ins Bett gebracht hatte (sie schlafen in einem Zimmer), lauschte ich noch etwas an der Tür und bekam folgende Unterhaltung mit, in der Wölkchen ihrer Schwester sagte: „Wirbelwind, Mama rufen, ganz laut! Sagen ich nicht leise bin!“ (Übersetzung: Wirbelwind, rufe doch mal ganz laut die Mama und sage ihr, dass ich nicht leise bin). Wölkchen hat Wirbelwind dazu instrumentalisiert, um nach mir zu rufen! Aus meiner Sicht eine enormer Schritt in ihrer Entwicklung, die mich wirklich sprachlos macht. Ich denke ich sollte mein Wölkchen zukünftig nicht mehr so schnell unterschätzen.

Welche Anzeichen von Empathie zeigen Eure Kinder? 

Eure Wiebke

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