„Oh, noch eine Tani!“, ruft Wirbelwind begeistert und bückt sich erneut, um das braune Gold zwischen den Blättern hervorzuwühlen und aufzuheben. Die Kastanie hat kaum Platz in ihren kleinen Händchen, die bereits drei weitere „Tani“ beherbergen. Immer wieder plumst eine Kastanie aus ihrer Hand. Doch das tut dem Sammlertrieb keinen Abbruch…
Wir sind auf dem Weg zum Kindergarten. Bis eben war sie mit dem Laufrad flott unterwegs, so dass ich hinterherhechelnd kaum mitkam. Zumindest, bis wir an diesem Kastanienbaum vorbeikamen. Ich sehe die Kastanien auf dem Weg liegen und ignoriere sie bewusst, um Wirbelwind nicht darauf aufmerksam zu machen. Hah, falsch gedacht. Sie hält natürlich an, legt ihr Laufrad hektisch ab, ruft nach ihren geliebten „Tani“ und ist in ihrer Sammlerwelt eingetaucht. Während sie die Kastanien hortet, schaue ich auf die Uhr. Wir sind spät dran, aber ich möchte sie nicht in ihrer Begeisterung bremsen. Ich merke, dass sie ein Lächeln auf meine Lippen zaubert. Diese kindliche Neugier, diese Begeisterung für etwas, das wir Erwachsene keines Blickes mehr würdigen (zumindest solange, bis wir selber wieder Kinder haben). Es so erfrischend.
Ich bewundere, wie bei den Kleinen die Zeit stehen bleibt, wenn sie etwas Spannendes entdecken. Und das passiert in dem Alter sehr oft. Sie vergessen einfach alles um sich herum, sammeln Kastanien, schleppen Sand hin und her, stochern in Astlöchern herum, haschen Seifenblasen. Alles andere scheint nebensächlich. Die Welt wird plötzlich ganz klein, friedlich und kunterbunt.