Die Baby GmbH – Der Eltern-Job als prekäres Beschäftigungsverhältnis

Das Eltern-Sein ist kein Zuckerschlecken. Das wissen inzwischen die meisten. Kinder bringen nicht nur Freude, sie machen auch Arbeit. Viel Arbeit. Ganz besonders frisch gebackene Mamas und Papas müssen ganz schön ackern. Und wenn man sich das mal etwas genauer anschaut, dann handelt es sich bei dieser Arbeit in der „Baby GmbH“ eindeutig um ein sehr prekäres Beschäftigungsverhältnis. Wer und was sich hinter der Baby GmbH verbirgt und – noch wichtiger – was daran so prekär ist, das möchte ich nun etwas näher ausführen.

Unternehmensbeschreibung: Was steckt hinter der Baby GmbH?

Die Baby GmbH ist sowohl im produzierenden Gewerbe, als auch im Dienstleistungssektor tätig. Zu den Produkten zählen volle Windeln, angesabberte Tücher und defektes Spielzeug. Diensteleistungen beziehen sich hingegen auf das Wechseln von saugstarken Pohüllen, das Beruhigen von keifenden Säuglingen, das Nahrungsmittelzuführen sowie das Lächerlichmachen vor Kleinstpublikum.

Die Baby GmbH ist zeitlich auf ein Jahr befristet, und geht dann für gewöhnlich in die Kleinkind AG über.

Die Baby GmbH ist eine sehr verbreitete Form der Unternehmung und häufig mit Startup-Charakter. Mit ihrer Mitarbeiterzahl von für gewöhnlich 2 Mitarbeitern zählt die GmbH zu den Kleinstunternehmen. Der Vorteil ist, dass durch die geringe Mitarbeitergröße eine höhere soziale Bindung besteht. Diese ist auf Grund der widrigen Arbeitsverhältnisse auch unbedingt notwendig, um die Fluktuation gering zu halten.

Die Unternehmung zeichnet sich durch eine zumeist cholerische Führungskraft aus. Sie hat als Quereinsteiger den Posten erlangt. Vielleicht ist sie gerade deshalb sehr streng, weiß genau, was sie will und duldet keinen Widerstand. Arbeitsaufgaben müssen sofort erfüllt werden, sonst droht eine Abmahnung.

Arbeitsbeschreibung: Was ist so prekär?

Arbeitszeit: Gearbeitet wird 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Selbst wenn die Eltern nicht zu arbeiten scheinen, sind sie doch in ständiger Bereitschaft.Urlaub: Die Eltern haben keinen Anspruch auf Urlaub.

Befristung: Die Anstellung in der Baby GmbH ist auf ein Jahr befristet, jedoch besteht bei guter Führung die Option auf Übernahme in die Kleinkind AG.

Stellvertreter: Die Mama kann durch den Papa und umgekehrt vertreten werden, wobei die unterschiedlichen Kompetenzen keine vollständige Vertretung des anderen Elternteils erlauben.

Art der Tätigkeit: Eine sehr grundlegende Aufgabe des Elter ist es schwere Lasten zu heben. Damit ist grundsätzlich in der Baby GmbH eine hohe körperliche Beansprungung zu erwarten, durch einseitiges Tragen, exzessiven Schlafmangel und stundenlanges Herumhocken auf dem Fußboden. Die geistige Herausforderung beschränkt sich hingegen darauf die Wickeltasche richtig zu befüllen und den Einkaufszettel nicht zu verlegen.
Erschwert wird die Ausübung der Tätigkeit durch widersprüchliche Aufgaben, da die Mitarbeiter in mehreren Anstellungsverhältnissen stecken können. So kann es vorkommen, dass sie neben der Baby Gmbh auch bereits in der Kleinkind AG oder der Kinder GbR tätig sind, welche ganz andere Aufgabenbereiche von ihren Mitarbeitern fordern. Dies kann Rollenkonflikte hervorrufen.

Anforderung: Anforderungen richten sich nach der Art der Tätigkeit. Folgende Kenntnisse sind für ein einwandfreies Funktionieren der Baby GmbH unbedingt erforderlich:

  • die Windeln unfallfrei austauschen können, auch wenn genau im Wechselmodus eine Produktionsüberschuss hervorgerufen wird
  • den Brei kleckerfrei verarbreichen und dabei die zappelnden Arme und Beine gekonnt umschiffen,
  • den Nuckel im Kinderbett bei Mondschein aufspüren können,
  • mindestens zwei Sprachen beherrschen: deutsch und babysch,
  • folgende Eigenschaften besitzen: Unterwürfigkeit, Selbstaufgabe, Optimismus, Ruhe, Geduld, Organisationstalent     

Aufstiegschancen: Aufstiegschancen sind eher gering. Zwar kann man sich vom Windelwechsler über Grimassenschneider zur Lauflernhilfe steigern. Die Bezahlung ist jedoch immer die Gleiche. Auch bei Übernahme in die Kleinkind AG sind die Tätigkeiten gleichwertig und die Bezahlung identisch.

Einkommen: Finanziert wird die Tätigkeit durch Dritte. 184 Euro bekommen Mama und Papa für ihre Schinderei im Monat. Bei 24 Arbeitsstunden am Tag und somit 720 Arbeitsstunden im Monat macht das einen Stundenlohn von knapp 26 Cent, und das für zwei Personen. Wenn das nicht prekär ist.In dem Sinne wünsche ich allen Mamas und Papas frohes Schaffen und dass sie auch weiterhin mit Heißblut bei der Sache sind. Am Geld kann es ja nicht liegen 😉

Eure Wiebke
Bild: eigene Darstellung + pixabay.com

6 Comments

  1. 14 Januar 2016 at 9:20 am

    Hihi. sehr schön. tatsächlich sind es ja inzwischen 190 €, kommen aber immer noch 26 Cent raus… da weiß man doch, für was man es macht 🙂

  2. 14 Januar 2016 at 9:27 am

    Liebe Wiebke, super Idee, habe sehr gelacht! Was für ein fieser Stundenlohn!!! Allerdings glaube ich, die Rechtsform müsste eine GmvH sein – volle Haftung haben wir Eltern ja auch noch auf unseren Schultern, als wäre der Job nicht anstrengend genug! 😀 Herzliche Grüße Anne

  3. 14 Januar 2016 at 9:31 am

    … na, oder eben aus Babys Perspektive die GmükH, die Gesellschaft mit überhaupt keiner Haftung. "Was immer ich anstelle baden meine Eltern aus." 😀 Auf jeden Fall schicke ich jetzt den Link an andere leidgeplagte Arbeitnehmer. 🙂

  4. 14 Januar 2016 at 11:25 am

    Schöner Bericht. War sehr schön zu lesen. Nur der Stundenlohn ist echt mies.
    LG Anke

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