Es wird mal wieder Zeit, von unserem verflixten Alltag zu berichten. Heute habe ich mir für Euch ein ganz besonderes Schmankerl herausgesucht: unseren heutigen Morgen, die Zeit zwischen Augen öffnen und den Kindern im Kindergarten hinterherwinken. Was sich dazwischen – völlig repräsentativ, versteht sich – ereignet hat, dürft Ihr heute hier erfahren.
Zeit des Erwachens
Es ist 7:07 Uhr. Ich wache exakt drei Minuten, bevor mein Wecker klingeln würde, von alleine auf. Es ist als ob mein Körper auf das Tunlichste vermeiden möchte, dass ich das Gedudel über mich ergehen lassen muss. Nun denn. Ich springe graziös wie eine Seekuh aus dem Bett und schlendere Richtung Toilette. Die Kinder schlafen selbstverständlich noch. Am Wochenende wäre um diese Uhrzeit bereits das Chaos ausgebrochen, inklusive Geschwisterstreit und Lautes-Spielzeug-auf-Herz-und-Nieren-Testen. Heute nicht. Heute schlummern die lieben leise und friedlich in ihren Betten.
Ich nutze die Zeit und mache mich fertig. Waschen, Anziehen, die überdimensionalen Augenringe abdecken. Um 7:30 Uhr betrete ich dann doch einmal das Dornröschenzimmer und spiele Prinz. Die Kinder erwachen. Während mir Wölkchen freudestrahlend berichtet, dass sie gestern alleine eingeschlafen ist, murrt mir Wirbelwind unverständliches Zeug entgegen. Ich lasse das Rollo hoch und bemerke, dass das Murren wohl nicht von Wirbelwind, sondern von einem Vampir kommen muss, da sich etwas – als das Tageslicht auf das Bett fiel – sofort blitzartig wieder unter der Decke versteckte.
Frühstück und andere Herausforderungen
Irgendwann bequemten sich die beiden Damen (ja, es war doch Wirbelwind, kein Vampir) aus dem Bett und schlenderten zum Frühstückstisch. Wirbelwind kramte – scheinbar plötzlich hellwach und im völligen Besitz ihrer geistigen und körperlichen Kräfte – zwei Lätzchen aus der Schublade und band sie sich und Wölkchen um. Diese Vorsicht täuscht jedoch. Denn wer meine Kinder kennt weiß, dass sie um das Heil von Kleidung, Tisch und Fußboden wenig besorgt sind. Das demonstrierte auch gleich Wölkchen, die – wie so ziemlich jeden Tag – erst einmal das Saftglas umkippte. Ist es eigentlich Zufall, dass das mit Wassergläsern deutlich seltener passiert? Die Küchenrollenindustrie freut es. Allein schon wegen der umgekippten Gläser in Familienhaushalten wird dieses Produkt wohl nie vom Markt verschwinden.
Nun gut, aber weiter im Programm. Wie jeden Morgen bekomme ich einen dezenten Wutausbruch angesichts der nicht vorhandenen Tischmanieren meiner Kinder. Und weil ich zweimal am Tag diskutiere, dass sich die Kinder nicht gegenseitig die Socken unter dem Tisch ausziehen, das Brot in die Nase stopfen oder aber sich nur so viel nehmen sollen, wie sie auch essen können, verliere ich allmählich die Geduld.
Das Ankleiden
Nachdem der erste Stresstest des Tages überstanden ist, geht es ans Anziehen. Jeder durfte sich aus seinem Schrank selber aussuchen, was er anziehen möchte. Wirbelwind half zunächst Wölkchen bei der Auswahl und überredete sie zu Strumpfhose und kurzer Hose. Sie selbst entschied sich für ein Kleid.
„Maaaaaamaaaaa, wo sind denn meine Kleider?“
„Hinter den kurzen Hosen!“
„????????“
„Orrrrr“
Irgendwann fand sie sie dann doch. Im Selbstgespräch stellte sie fest, dass dieses Kleid ein Winterkleid ist und deutlich zu warm für die Jahreszeit. Und jenes auch. Am Ende stand sie mit einem Sommerkleid vor mir, das sie über ein Langarmshirt gezogen hatte. Warum nicht. Nur mit der Hose gab es wieder Diskussionen. Ehe sie eine neue Leggins aus dem Schrank kramte, bat ich sie doch bitte eine von den beiden nur kurz getragenen Leggins zu nehmen. Sie hielt mir beide mit vorwurfsvollen Blick entgegen und verkündete, dass die eine zu kurz und die andere zu lang sei. Ich versicherte ihr, dass es sich hierbei um ein Doppelpack handelte und beide Leggins die gleiche Größe besitzen. In einem Anfall von Frust merkte ich noch an, dass sich Wölkchen doch gerade so schön selber anzieht. „Uaaaaaaaaahhhh“, war, wie auf ein Stichwort, aus dem anderen Zimmer zu vernehmen. Wölkchen kam nicht in ihre Strumpfhose rein. Ich gab ihr Starthilfe und sie schien zufrieden.
Von widerspenstigen Zähnen
Nach diesem kurzen Intermezzo ging es in die Zielgeraden, die mich erneut hart auf die Probe stellte: das Zähneputzen. Die Zahnpasta klecksten sie sich noch hingebungsvoll auf die Zahnbürste. Doch dann ging es los. Da wir nur einen Kinderspiegel im Bad besitzen, darf einer im Flur putzen. Wölkchen flitzte los und Wirbelwind hinterher. Meine Bitte, dass einer von beiden bitte im Bad seine Zähne putzen möge, wurden ignoriert. Aus dem Flur hörte man Gegacker, Geschubse und Gequatsche. Aber keine Zahnputzgeräusche. Ich putzte bei Wölkchen nach, obwohl man eigentlich ja nur dann etwas nachputzen kann, wenn auch etwas vorgeputzt wurde. Wirbelwind beschloss, dass sie fertig war und wollte gerade ihre Zahnbürste in ihren Becher zurückstecken. Ich bat Wirbelwind, bitte nochmal richtig zu putzen, weil sie das bislang noch nicht getan hatte. Ich drehe die Sanduhr um. Sie jammerte, weil sie ja angeblich bereits so gründlich war. Mir platzte der Kragen. In meinem zweiten Wutanfall des Tages hielt ich ihr einen Vortrag über gründliches Zähneputzen, ausfallenden Zähnen und teurem Zahnersatz. Sie guckte mich desinteressiert an. Irgendwie ja auch verständlich, dass sie dafür noch nichts übrig hat. Mit dem letzten Sandkorn beschloss Wirbelwind erneut, nun fertig zu sein. Kann man auch für Vorschulkinder bereits eine Zahnzusatzversicherung abschließen?
Anziehen – fertig – los
Zeit zum Anziehen. Es war 8 Uhr, die Kita rief. Das Schuheanziehen ging erstaunlich schnell, weil ich Ihnen erlaubte, ihre Gummistiefel anzuziehen, die wir gestern bei Regenwetter aus der Kita mit nach Hause gebracht hatten. Mein hektisches Flehen, ich möchte pünktlich auf Arbeit sein, erwiderte Wölkchen mit einem Treppenabgang in vollendeter Zeitlupe. Matrix ist nichts dagegen. Eine vollendete Überbrückung des Raum-Zeit-Kontinuums. Irgendwie saßen wir dann tatsächlich im Auto und ergatterten einen der begehrten Parkplätze vor dem Kindergarten. Während Wirbelwind und ich zum Eingang sprinteten, setzte Wölkchen ihr Experiment mit der Zeit fort und schien alternative, telekinetische, Fortbewegungsmethoden zu testen. Leider ohne Erfolg. Irgendwann sah sie ein, dass sie wohl doch einmal einen Fuß vor den anderen setzen musste.
Drinnen angekommen schnell noch Gummistiefel und Jacke verstaut und die Kinder hüpften fröhlich in ihre Gruppen. Geht doch. Schweißgebadet ging es für mich nun auf Arbeit. Nun kann der Tag beginnen. Wo ist mein Bett?
Eure Wiebke
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Mama Maus
Hallo Wiebke,
Ich möchte gleichzeitig lachen und ein bisschen in Selbstmitleid schwelgen.
Ein Morgen mit (Klein-)Kindern ist manchmal nicht einfach.
Es wird besser, wenn sie größer sind. Zumindest anders.
Viele Grüße
Mama Maus
Claudia
Oh ja, das kommt mir sehr bekannt vor. Die Große meint zur Zeit, dass sie sich 5x an- und ausziehen muss. Die Unterhose zieht sie sich bis unter die Achseln hoch und meint dann, sie würde rutschen… das kann sich eine 3/4-Stunde hinziehen. Egal, ob ich ihr helfen will, nicht helfen, ruhig bleiben, etwas Druck machen – nichts funktioniert, wir hetzen jeden Morgen irgendwann zum Kindergarten und ich bekomme knapp meinen Zug um 8 Uhr (ein paar Mal aber auch schon nicht). So gerne ich auch wieder arbeite, wenn ich entspannte Elternzeit-Eltern am Kindergarten sehe, bin ich momentan etwas neidisch – und wenn ich die abgehetzten Arbeits-Eltern sehe, denke ich, ok, alles normal 😉
Kirsten
Oha, noch habe ich Schonfrist, was dieses morgentliche Chaos angeht. Aber das kommt sicher schneller als man gucken kann. Hoffentlich kann ich dann genauso entspannt damit umgehen und abends drüber lachen 😀