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Hier folgt ein etwas nachdenklicher Beitrag von mir. Ja, auch ich bin mal nachdenklich, neben all den glatten und humorvollen Beiträgen. Oft behalte ich es für mich, denke so vor mich hin, mache mir mein eigenes Bild. Oder ich rede mit meinem Freund darüber. Selten lasse ich andere in meine Karten gucken. Heute werde ich das ändern.
Es ist keine Frage. Es ist eine Feststellung. Ich werde alt. Ich mag es nicht.
Als Kind konnte ich es gar nicht abwarten: sehnsüchtig blickte ich meinem achzehnten Geburtstag entgegen. Endlich volljährig, endlich kann ich tun und lassen, was ich möchte. Endlich frei. Endlich ernst genommen. Und geändert hatte sich doch nichts.
Auch die folgenden Jahre begrüßte ich mein wachsendes Alter mit Freude, später mit Wohlwollen und Respekt. Ich habe JEDEN Geburtstag gefeiert. Auch als ich die 30er-Marke geknackt habe. Ich habe keine Träne vergossen und positiv in mein neues Jahrzehnt geblickt. Denn ich war im Plan. Ich hatte einen tollen Freund, wir wollten schwanger werden und Kind 1 mit 30 Jahren zu bekommen war noch möglich. Ich lag gut in der Zeit.
Dann kam das Kind. Und mit den Monaten und Jahren, die bislang schon verstrichen sind, merke ich, wie die Zeit vergeht. Dass ich bereits 14 Jahre aus der Schule raus bin, schockiert mich weniger, als die Tatsache, dass unser Wirbelwind bereits zwei Jahre alt geworden ist. Wie die Zeit rennt. Plötzlich bekomme ich Panik, ob ich noch jung genug für ein, vielleicht auch zwei weitere Kinder bin. Ich denke an Uhren, die ticken und ticken. Ich werde alt.
Auch Fältchen habe ich im Gesicht. Sie stören mich nicht, solange es Lachfalten sind. Die einzelnen grauen Haare auf meinem Kopf stören mich schon mehr. Mein Freund schnitt sie mir großzügigerweise ab. Seine Unterstützung machte mir nicht gerade Mut zu diesen Exoten zu stehen. Letzten Monat griff ich dann zum ersten Mal zum Haarfärbemittel. Genaugenommen habe ich schon früher mal meine Haare gefärbt, aber nie im dem Ziel graue Haare abzudecken. Nun war es soweit. Ich werde alt.
Doch der große Schock kam letzte Woche beim Zahnarzt. Ich habe keine sonderlich guten genetischen Voraussetzungen für ein gesundes Gebiss. Hinzu kommen verschleppte Karies, weil mein Zahnarzt im Kinderalter nicht einmal auf die Idee gekommen ist meine Zähne zu röntgen. Ein Orts- und Zahnarztwechsel brachte dann Schlimmstes zum Vorschein. Drei Teilkronen später schien mein Gebiss wieder einigermaßen geflickt. Doch nun im Urlaub begann ein verkronter Zahn zu rebellieren. Der Zahnarztbesuch offenbarte: der Knochen geht zurück, der Wurzelbereich ist entzündet, der Zahn muss raus. Ich musste schlucken. Einmal für die Botschaft, die ich bereits vermutet hatte, als mir die Zahnarzthelferin tranceartig meine Schulter massierte, ein zweites Mal schluckte ich, um die aufkommende Träne zu verdrängen. Nun ist es also soweit: ich werde alt.
Und was nun? Es ist der Lauf des Lebens, ich weiß. Aber irgendwie dachte ich, ich würde eher ein neues Hüftgelenk bekommen, als einen Zahn zu verlieren. Es hat mich überrascht, obwohl ich damit hätte rechnen müssen. Und es hat mich nachdenklich gemacht. Was kommt da noch? Was wird mich die nächsten Jahre aus der Bahn werfen und immer wieder mein Alter vor Augen führen lassen? Und lernt man irgendwann damit umzugehen? Sagt man irgendwann: „Scheiß auf den Zahn“, „Scheiß auf die Falten“, „Scheiß auf die Hüfte“? Kann man irgendwann mit seinen anderen zahnlosen Freunden darüber lachen? Da hilft wohl nur eines, um das herauszufinden: abwarten, alt werden.
Eure geknickte Wiebke
P.S.: Ihr mögt denken, dass ich dramatisiere. Und wahrscheinlich tue ich das auch. Ist ja nur ein Zahn, und heutzutage kann man das gut kaschieren. Aber es ist dennoch hart, gerade mit der bevorstehenden Hochzeit, zu welcher ich mit Zahnlücke erscheinen werde. Glücklicherweise ist es ein Backenzahn. Ich hoffe es verdirbt mir nicht das Lächeln am großen Tag.
wickeltischakrobatik
Oh Mann, das tut mir leid. Geht man ja schon ungern zum Zahnarzt und bekommt dann noch so eine ätzende Diagnose und das vor dem großen Tag. Ich kann deinen Missmut verstehen.
Bei mir ist es aber auch so. Bis zur Geburt des kleinen Mannes habe ich mir wenig Gedanken übers Altern gemacht, aber je älter und selbstständiger er wird, desto öfter denke ich über mein Alter und die Zukunft nach.
Alles Gute,
Sandra
Wiebke Verflixter Alltag
Die Zeit wird einem eben viel bewusster, wenn man sieht, wie die Kleinen wachsen.
Danke für Deine Worte. 🙂
Anonym
Hallo Wiebke, ich bin 34 und unsere Tochter 16 Monate. Klar, die ersten Zeichen des Alters muss jeder ab 30 spüren, da kommt keiner drum herum. Außer man arbeitet mit Schönheits Ops und Botox.
Wenn es dir hilft, mein Mann und ich waren Anfang 20 schon grau, einige Jahre später weiß. Ich färbe seit jungen Jahren (was mich nichts ausmacht) und meinen Mann gleich mit 🙂 Ihm wärs egal, aber ich finde in den 30igern muss man noch nicht komplett ergraut rumlaufen.
Nach der Geburt (33) habe ich mich auch von einem Zahn verabschiedet 😉 Jedoch weil der wurzelbehandelte Zahn mit Blombe so blöd zersprungen ist, dass keine neue Blombe gehalten hätte. Also ab zur Zahnentfernung. Mein Zahnarzt war so geknickt, dass bei mir keine Krone möglich ist, sondern nur mehr Implantat. Er entschuldigte sich direkt dafür. Das muss man sich mal vorstellen. Weißt du was ich zu ihm gesagt habe? Ich nehme lieber ein Implantat in Kauf, bevor ich eine unheilbare Krankheit diagnostiziert bekomme. Er war kurz still und stimmte mir dann zu. Klar kommen Kosten auf einen zu, um genau zu sein um die 2600 Euro für ein Implantat + Zahn. Aber es ist halt so. Ich hätte auch mit dieser Lücke leben können, aber wenn man Pech hat dann verformt sich das GEbiss und dafür fühle ich mich dann noch zu JUNG 🙂
Das mit dem Kinderthema, ich war direkt irritiert dass ich fast immer die jüngste mit div Zimmerkolleginnen war. Die meisten haben ihr 1. Kind um die 37-39 Jahre bekommen. Da habe ich mir dann schon gedacht, oh warum hat man eigentlich ab 30 so einen innerlichen Streß. Aber bei uns war der Zeitpunkt optimal, darum wollte ich zu der Zeit ein Kind. Vor 30 hätte ich zb nie ein Kind wollen, da war ich mit mir selber beschäftigt. Also du hast noch Zeit genug, wenn es denn das Universum so möchte 🙂
Alles Liebe B.
Wiebke Verflixter Alltag
Oh vielen Dank, dass Du Deine Erfahrungen mit mir teilst! Und ich muss zugeben: es erleichtert mich etwas zu hören, dass es auch anderen so geht wie mir.
Lieben Gruß, Wiebke