Gastbeitrag: „Schwiegermutter. Schwiegermonster?“

Die liebe Julia von „Die gute Kinderstube“ ist heute bei mir zu Gast. Ich freue mich sehr, dass sie mich als Plattform ausgewählt hat, um über ein für sie sehr bewegendes Thema zu reden, das wohl auch viele andere Mütter und Väter kennen, aber nur wenige ansprechen: das Verhältnis zu den Schwiegereltern. Man kann sie sich nicht aussuchen, sie sind quasi das Beiwerk zur eigenen Beziehung. Vielleicht gerade deshalb kommt es immer wieder zu kleineren oder größeren Streitigkeiten. Und genau davon berichtet heute Julia. 

„Eigentlich“ meinst Du es nur gut.

Ein Monster bist Du nicht. Nicht wirklich. Wirklich nicht. Aber das Wort „eigentlich“ schleicht sich immer wieder ein, wenn ich an Dich denke. „Eigentlich“ bist Du ja nett und „eigentlich“ meinst Du es nur gut. „Eigentlich“ willst Du nur helfen und „eigentlich“ bist Du arm dran.
Du bist oft allein und Du kannst Deine Kinder schlecht loslassen. Dabei weiß ich, dass Du „eigentlich“ genau so nicht werden wolltest, war doch Dein Verhältnis zur eigenen Schwiegermutter sehr schwierig. Du bist nicht böse, so einfach machst Du es mir nicht. Ich mag Dich „eigentlich“. Aber Du gehst mir auch unter die Haut und machst mich wahnsinnig.
Als wir uns kennenlernten, warst Du nicht sehr nett zu mir. Du warst loyal zur Ex und hast mich ganz provokativ gesiezt. Trotzdem war ich beeindruckt von Dir, Deiner Art, der innigen Beziehung zwischen Dir und Deinen beiden Kindern. Du wirktest stark, unabhängig, im Leben stehend. Dann wollte Dein Sohn schon nach drei Monaten mit mir zusammenleben. Das war ein Schock, den ich sogar etwas verstehen konnte. Du hast versucht, Deine Bedenken zu äußern, aber Dein Sohn war wild entschlossen. Ich blieb also in Deinem Leben. Kein Rebound, sondern eine ernsthafte Beziehung.
Wir lernten uns kennen und mögen. Wir hatten sehr schöne Gespräche miteinander und Du hast mit mir persönliche Dinge geteilt. Du hast mich als Teil Deiner Familie akzeptiert, nach und nach. Es war schwer für Dich als Deine Tochter auszog. Ich half beim Umzug in ein neues kleineres Haus. Du warst entschlossen, Dir Dein Leben ohne Kinder einzurichten und schienst gut vernetzt zu sein – viele Freunde und Bekannte.

Ein kleiner, großer Knacks

Doch dann fuhren wir ein paar Tage gemeinsam weg und Deine Kinder fingen an, sich zu behaupten, mit Dir zu streiten. Ich hielt mich raus so gut ich konnte, aber Du hast dennoch viel auf mich projeziert. In Deinen Augen war ich schuld. Deine Kinder wolltest Du nicht in die Verantwortung nehmen, den eigentlichen Konflikt nicht wahrnehmen. Erst im Nachhinein habe ich verstanden, dass Deine Kinder Dir gegenüber nie pubertiert hatten, sie hatten sich nicht abgelöst aus dem Dreiergespann, in dem sich jeder um den anderen kümmerte. Nach diesem Urlaubstrip gab es Gespräche zwischen euch, Abstand und Wiederannäherung, während ich mich völlig raushielt. Ein kleiner Knacks in unserer Beziehung blieb aber.
So richtig anstrengend ist es, seit ich Kinder habe, seit Du die Oma meiner Kinder bist. Seit über drei Jahren ist es für mich ein Auf und Ab der Gefühle und manchmal schier unerträglich. Ich habe Dich von einer völlig anderen Seite kennengelernt, Deiner schwachen Seite. Du bist einsam, bedürftig und fühlst Dich permanent ungewollt und ungeliebt. Das ist schlimm für Dich und es tut mir leid. Aber es macht Dich zu einem Menschen, der es „eigentlich nur gut meint“ und trotzdem furchtbar egozentrisch handelt:
  • Du strickst Socken und willst, dass mein Baby sie trägt. Es ist Dir egal, wie oft ich Dir sage, dass sie schwitzt, auch wenn Hände und Füße manchmal kühl sind. 
  • Bei Deinem Sohn beschwerst Du Dich, weil wir (ich) Deine Enkelin nie richtig anziehen. Eigentlich willst Du Dich nicht einmischen, aber das siehst ja nicht nur Du so, das haben auch andere gesagt und das arme Kind tut Dir einfach so leid.
  • Du blitzt meinem Baby beim Stillen ins Gesicht, weil Du unbedingt Bilder willst. Du lässt uns keinen Raum zum Atmen und stellst immer wieder laut fest, dass „es bei Mama eben (leider?!) am schönsten ist“.
  • Ich bin die Glucke, weil ich stille und mein fremdelndes Kind schütze. Du schenkst mir ein Fläschchen, dessen Sauger gut beim Übergang von der Brust zur Flasche helfen soll.
  • Beim Spaziergang über den Flohmarkt lege ich ein Tuch über den Kinderwagen, damit meine Tochter gut schlafen kann. Du bist richtig eingeschnappt, weil sie ja nun keiner Deiner Bekannten mehr sehen kann.
  • Alle Deine Freundinnen haben ihre Enkel von Anfang an an einem festen Tag in der Woche alleine bei sich. Alle. Es scheint Dich nicht zu interessieren, dass Deine Enkelin das nicht will und schreien würde. Es ist Dir auch nicht bewusst, dass Du sie nicht länger als wenige Minuten tragen kannst, weil sie Dir zu schwer ist. Du kannst Dich aber auch nicht zu ihr auf den Boden setzen. Die Hüfte. Sie könnte ja einfach brav auf dem Schoß oder im Kinderwagen… wo jeder sie sehen kann. Das wäre doch schön, nicht wahr?
Ich könnte noch zig Beispiele nennen, die sich im Laufe der Zeit ereignet haben. Dazu die harmlosen aber nervigen Dinge, z.B. dass Du hier aufräumst, mir ungefragt Haushalttipps gibst, sehr viel über andere Menschen schimpfst und von Dir immer als „die Oma“ und unser Tochter als „die …“ sprichst. Seit Tochterkind achselzuckend auch von sich als „die …“ spricht, kann ich darüber lachen.

Gibt es eine Lösung?

Als die Situation immer schwieriger wurde, habe ich das Gespräch mit Dir gesucht. Ich dachte – und so hast du es mir auch mehrfach versichert – es wäre ein gutes Gespräch gewesen. Ohne Vorwürfe, Lösungsorientiert, ehrlich. Leider hat es im Prinzip nichts gebracht. Ich denke mittlerweile, dass Du nicht die Ressourcen hast, zu verstehen und Dich zu ändern.
Jede Woche meldest Du Dich, früher bei mir, jetzt meist bei Deinem Sohn. Wann sehen wir uns? Wollt ihr zum Frühstück kommen? Wollen wir am Wochenende grillen? Du willst ja keinen Druck machen, aber… Ein Bedürfnisgefälle, das immer stärker wird. Und wehe, wir antworten nicht direkt.
Als ich schwanger war und mich kaum bewegen konnte vor Schmerzen, konnte ich mit meiner Tochter nicht raus auf den Spielplatz gehen oder toben. Du hast mir angeboten, mal vorbeizukommen und ihr ein, zwei Stunden etwas vorzulesen. Äh, Danke. Ein anderes Mal bat ich Dich, ob Du mir etwas einkaufen könntest, aber das war gerade nicht so passend. Am nächsten Tag vielleicht? Tja, ich hätte Deiner Enkelin ja auch sagen können, dass es erst morgen Abend wieder was zu essen gibt.
Mittlerweile gibt es immer mal wieder Treffen, die gut sind. Bei Enkel Nummer 2 hast Du schon verstanden, dass Du ihn nicht mitnehmen kannst, dass ich stille, dass wir in einem Bett schlafen und auch dazu, wie er angezogen ist, sagst Du nichts mehr. Dafür spielst Du oft richtig schön mit Deiner Enkelin, soweit Du es kannst. Aber immer, wenn ich denke, jetzt wird es besser, kommt ein Hammer.
Meine Tochter ist mittlerweile so groß, dass sie sagen kann, was sie mag und was nicht. Wie letztens, als sie sagte, dass sie nicht mitgehen möchte zum Bäcker, weil sie gerade Maus guckt. Und was sagst Du zu ihr? „Na, bist Du wohl heute zu faul, was?“
Und dann weiß ich, dass es nicht mehr gut wird. Obwohl es doch schön wäre, „eigentlich“…
Vielen Dank, liebe Julia, für deine ehrlichen Worte! 

Wie ist Euer Verhältnis zu den Schwiegereltern? 

Eure Wiebke




Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade von Anne von TopElternblogs.de zum Thema #Schwiegereltern

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