„Freiheit“ scheint etwas zu sein, dass in der heutigen Zeit in unserer Gesellschaft ein selbstverständliches Gut ist: selbstbestimmt Leben, seine eigenen Entscheidungen treffen, Herr (oder Frau) der Lage sein. Auch für mich war es selbstverständlich, dass ich über meine Freizeit frei entscheiden konnte. Natürlich änderte sich alles mit der Geburt meiner Tochter. Plötzlich war ich eine Stillmaschine, die ständig auf Abruf bereit stand. Tag und Nacht musste ich herhalten, der Schlaf wurde in zwei Stunden-Rhythmen gestückelt, der Tag bestand aus Stillen, Kinderwagen Spazierenfahren und natürlich Essen (hier großen Dank an meinen Freund, der mir ab und an etwas in meinen Mund steckte, sonst hätte ich das auch noch vergessen).
Ein Stück Freiheit gewann ich, als die Kleine mit fünf Monaten ihren Brei bekam. Endlich mittags mal weg von der Brust. Und wie habe ich die neu gewonnene Zeit genutzt? Ich bin erst einmal zum Zahnarzt gerannt. Also doch keine Freizeit.
Mit sieben Monaten zeigte sich die zweite Freiheitswelle, allein schon deshalb, weil ich mit Flaschegeben deutlich flexibler war und wir nur einen Bruchteil der Zeit benötigten, die sie sonst an meiner Brust hing.
Die dritte Freiheitsstufe erreichte ich dann mit ca. 9 Monaten, als mein Kind krabbelte, mobiler wurde und sich selber immer öfter beschäftigen konnte. Ich konnte zwar nicht das Haus verlassen, aber zumindest mal den PC anschmeißen, ein Buch lesen, Fotos sortieren, …
Der vierte und wirklich große Freiheitsschub, und hier ist das Wort „Freiheit“ wirklich angebracht, gewann ich, als sie in die Kita ging. Ich erinnere mich noch an die Eingewöhnungszeit, wo ich in der dritten Woche die Kita für zwei Stunden verlassen durfte. Das erste Mal stand ich hilflos an der Straßenkreuzung und wusste nicht, wohin mit mir. Dann entschloss ich mich, eine Freundin zu besuchen. Wir quatschten eine Weile und die Zeit verflog viel zu schnell. Die Kleine musste wieder abgeholt werden. Am nächsten Tag putzte ich die Wohnung, am dritten Tag machte ich eine Shoppingtour durch die Stadt. DAS war Freiheit. Das erst Mal seit über einem Jahr, dass ich alleine einkaufen konnte, ohne ständig ein Kind bespaßen zu müssen. Und was habe ich in der Stadt gekauft: natürlich nur Sachen für die Kleine. Sie ist eben doch immer dabei, auch wenn sie nicht dabei ist 😉
Und ein weiteres Stück Freiheit habe ich heute erlebt. Mein Freund hat die Kleine in die Kita gebracht und ich durfte seit zwei Jahren wieder auf dem Sattel sitzen und mit dem Fahrrad auf Arbeit fahren. Das Wetter ist derzeit ja traumhaft. Ich genoss den Wind zwischen meinen Haaren und die Autofahrer guckten mich schon ganz entgeistert an, weil ich mit so einem breiten Grinsen im Gesicht durch die Gegend fuhr. Schade, dass bald die Winterzeit beginnt. Da werde ich wohl doch wieder auf das Auto umsteigen. Sonst friert mir mein breites Grinsen im Gesicht ein 😉
Und mein Grinsen wird noch breiter, wenn ich am Ende des Tages mein Kind aus dem Kindergarten abhole. Dann hocke ich mich hin, breite die Arme aus und schaue rührseelig zu meiner Kleinen, die voller Freude „Mama“ ruft und auf mich zugerannt kommt. Die Wärme, die sich dann in meinem Herzen breit macht, ist mit Nichts aufzuwiegen, auch nicht mit dem Freiheitsgefühl auf dem Fahrrad am Morgen…
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