Kinder und Zeitgefühl


„Mama, sind wir bald da?“ – ertönt es zum wiederholten Male innerhalb von ein paar Minuten aus dem hinteren Teil des Autos. Eltern werden diese Szene kennen bzw. irgendwann kennen lernen. So sehr man den Kindern auch sagt, dass es noch eine halbe Stunde dauert, sie fragen dennoch nach zwei Minuten wieder nach. Irgendwie scheinen Kinder und Zeit auf Kriegsfuß zu stehen. Sie drängeln, sie quengeln, sie warten nicht, sprich: sie wollen einfach nicht verstehen, dass manche Dinge ihre Zeit brauchen. Aber warum ist das so?
Zeit aus Elternsicht
Zeit
ist ein wichtiges und wertvolles Gut in unserer heutigen Gesellschaft. Viele
haben viel zu wenig davon, nur manche zu viel. Als Mutter fängt man an, Zeit
neu zu definieren. Arbeitszeit wird plötzlich unwichtig (auch wenn weiter
notwendig), vielmehr ist es die Freizeit im Sinne von gemeinsamer Zeit mit dem
Kind, die plötzlich wichtig wird. Manche Dinge vergehen viel zu schnell,
insbesondere die, die Spaß machen, mache Dinge wollen einfach nicht enden. Doch
egal, wie wir unsere Zeit gestalten und erleben: wir wissen alle, was gestern
und morgen, was Vergangenheit und Zukunft, was jetzt und nachher bedeutet.
Zeit aus Kindersicht
Doch so differenziert wie wir Erwachsenen
können Kinder die Zeit nicht einschätzen. Für sie gibt es kein
Morgen und auch das Gestern wird schnell wieder vergessen. Zwar erinnern sie
sich an Handlungen, die sie in der Vergangenheit gemacht haben, wodurch sie
z.B. das Schaukelpferd in einem Drogeriemarkt sofort wiederfinden, oder sie
erinnern sich an Personen, wie den Opa, den sie auf Fotos wiedererkennen. Aber
wenn man Ihnen sagt: „erinnerst Du Dich, wie wir gestern mit Maxi auf dem
Spielplatz gespielt haben?“, dann werden die Augen leer und dem Kind will
einfach nicht einfallen, was die Mutter da plappert. Ich habe mich daher
gefragt: 
„Ab wann versteht ein Kind das Gestern
und Morgen?“
„Für
Kinder spielt Zeit, wie Erwachsene sie verstehen, keine Rolle“, heißt es in einem Artikel im
Online-Magazin Baby und Familie. Denn Zeit ist ein sehr abstraktes Konstrukt.
Man kann sie nicht fühlen, nicht riechen, nicht hören, nicht sehen. Daher fällt
es Kindern schwer diese zu begreifen und im großen Ganzen einzubinden. Erst in
der Grundschule fangen sie an diese Zusammenhänge zu verstehen und Ereignisse
nach Vergangenheit und Zukunft zu ordnen.
Wie kann man seinem Kind die Zeit
erklären?
Wie machen wir es? Wenn
es nicht nötig ist, dann sprechen wir solche Themen gar nicht an. Wenn ich
weiß, dass ich morgen zur Krabbelgruppe gehe, dann verrate ich das Wirbelwind
nicht jetzt schon, sondern erst, wenn ich sie am nächsten Tag im Kindergarten
abhole. Letztens hatte
der Papa genau diesen Fehler gemacht und ihr vom morgigen Vorhaben erzählt. Sofort
hielt sie in ihrem Laufen inne und guckte sich irritiert um. Sie wollt es sofort in die Tat umsetzen und wusste nicht wie. Auch mit Reisen
und anderen Ausflügen verfahren wir daher so, dass wir Wirbelwind erst ein paar
Minuten vor unserem Vorhaben darüber aufklären. Bislang fahren wir damit sehr
gut. Ich ertappe mich aber immer wieder dabei, wie ich die Worte „gleich“, „nachher“ oder „später“ in den Mund nehme, obwohl ich weiß, dass es Wirbelwind nichts sagen wird. Was jedoch schon gut funktioniert ist „erst … dann“. Erst trinkst du noch was, dann bekommst du einen Keks. Ich weiß, das ist Bestechung, aber es funktioniert, weil sie so kurzfristige Abfolgen bereits versteht.
Doch
wie werden wir es machen, wenn sie größer wird? Die Uhr ist das gängige Mittel,
um Zeitabläufe zu erklären: „Wenn der große Zeiger auf der drei steht, gibt es
Abendbrot“, kann man Ihnen dann erklären, und sie gucken gebannt auf die Uhr
und schauen, wie sich der Zeiger langsam Richtung Drei bewegt. Bei Fünfjährigen
funktioniert das schon gut, habe ich in der Verwandtschaft erfahren. Doch auch wenn Kinder die Uhr lesen können, heißt
es noch lange nicht, dass sie die Zeit verstehen. Hierzu braucht es Übung.
Diese erhalten sie im Alltag, wenn man Ihnen beispielsweise erklärt, dass es
noch zweimal Schlafen muss, ehe man zu den Großeltern fährt, oder dass man
zunächst Abendbrot isst, dann Sandmann guckt, ehe es ins Bett geht. Letzteres
funktioniert auch jetzt bei Wirbelwind schon ganz gut. Wenn ich mich morgens noch zurecht machen muss und Wirbelwind schon in den Kindergarten will, dann erkläre ich ihr, dass ich erst noch Zähne putzen und die Haare machen muss, ehe wir losgehen können. Oder wenn sie ausgepowert
nach Hause kommt und ins Bett will (ja, das gibt es!), dann erkläre ich Ihr den
Ablauf und sie scheint zu verstehen, dass es bis zum Bett noch ein weiter Weg
ist 😉

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