Wiebke war beim Friseur – eine Geschichte ohne Happy End

Jaja, als ob mein Leben die letzten Monate nicht schon dramatisch genug verlaufen ist, produziere ich mir noch zusätzlich Nervenkitzel. Denn die Wiebke dachte sich so, sie könne ja mal wieder zum Frisör gehen. Der holde Gatte hat diese Woche Urlaub, und so nutzte ich die Gelegenheit und machte gleich für heute einen Termin aus. Während der Mann mit Wölkchen im Tragetuch seine Runden lief, brachte ich also Wirbelwind in den Kindergarten und stand punkt 9 Uhr vor dem Haarsalon.

Los geht`s

Einmal durchatmen und eingetreten. Und dann hier die erste Enttäuschung: nicht meine vertraute Friseurin war da, sondern nur ihre Tochter. Na ok, die wird das ja wohl genauso hinbekommen, wie ihre Mutter beim letzten Besuch. Ich nahm also Platz und erklärte, was ich haben wollte: Haare kinnlang und durchstufen. Soweit der Plan. Bevor sie zur Brause griff, bereitete ich sie bereits seelisch darauf vor, dass der Haarausfall etwas außerordentlich ist, durch die Schwangerschaft. Sie nahm es zur Kenntnis und wusch drauflos. Und hier folgte die zweite Enttäuschung: ihre Mutter verband das Haarewaschen mit einer kleinen aber feinen Kopfmassage. Auch diese blieb aus. Stattdessen wurde schnurstracks ausgespült und abgetrocknet. Beim Durchkämmen der Haare merkt sie dann an „Ui, das sind ja wirklich viele Haare“. Na danke. 

Jede Menge Gesprächsstoff

Das Schneiden verlief unspektakulär. Hochgesteckt, geschnitten, abgesteckt, geschnitten… Es herrschte konzentrierte Stille, die ich selbstverständlich nicht stören wollte. Nur ab und an streute die Friseurin aufmunternde Kommentare ein, wie „O ja, an den Ecken sieht man es.“, „Seit wann haben Sie denn den Haarausfall?“, „Wie lange hatte es denn beim ersten Kind gedauert?“ Oder auf meine Aussage hin, dass es da auch so schlimm war: „Ach dann haben Sie wohl einfach die Veranlagung dazu, dass es bei Ihnen so extrem ist“. Diplomatie ist wohl kein Teil der Friseur-Ausbildung. Obwohl irgendwann beschwichtigte sie halbherzig „Ach so schlimm ist es doch gar nicht bei Ihnen“.

Die Ernüchterung

Meine Anweisung, die Haare „kinnlang“ zu schneiden, bezogen sich selbstverständlich auf das Endergebnis. Sie schnitt aber munter das nasse Haar auf Kinnlänge. Bei meinen Locken konnte das doch nichts werden. Ich ahnte bereits, dass ich mit deutlich kürzeren Haaren den Laden verlassen würde, als geplant.
Nachdem nicht nur die Haare sondern auch noch meine gute Laune ordentlich gekürzt waren und ich dachte, dass nun das Durchstufen stattfinden würde, holte sie den Fön heraus. Ich fragte irritiert, ob es das schon war und meinte, dass mir die oberen Haare noch viel zu lang wären. Sie antwortete, das wäre kurz genug und begab sich ans Fönen. Hierbei sollte ich ganz weit den Stuhl nach Vorne rutschen und meinen Kopf auf die Rückenlehne ablegen. Als ich ihr höflich mitteilte, dass ihre Mutter das Ganze kopfüber bei mir gemacht hatte, wurde darauf nicht weiter eingegangen. Ich fügte noch hinzu, dass ihre Mutter so ein tolles Lockengel eingeknetet hatte. Sie verzog das Gesicht, machte es aber auch bei mir dran, zwar in homöopathischer Menge, aber immerhin. 
Als ich mich nach dem Fönprozess mühsam vom Stuhl erhob und eine ordentliche Sitzposition einnahm, wurde beim Blick in den Spiegel meine schlimmste Befürchtung wahr. ES SAH SCHEIßE AUS! Die Frau sah mein bestürztes Gesicht (ich trage meine Gefühle weniger auf der Zunge, dafür sehr deutlich im Gesicht) und fragte, was nicht stimmte. Ich wiederholte, dass mir die oberen Haare noch zu lang seien. Sie winkte ab und erklärte, dass meine dünne Haarpracht keinen kürzeren Schnitt zuließe. Die würden mir sonst in den Augen hängen. Wenn sie nachgewachsen sind, könne ich ja nochmal kommen. Erst sagt sie, es sei nicht so schlimm, und nun sind sie so dermaßen wenig, dass nichts mehr geht. Ist klar. Ich gehe zum Bezahlen, gebe 50 cent Trinkgeld. Die Friseurin verabschiedet mich mit dem Satz: „Und das nächste Mal geben sie am Telefon einfach an, dass Sie zu meiner Mutti wollen“. Ich verließ, nach nur 25 Minuten, den Haarsalon. 
vorher/nachher – und hinterher nicht wirklich glücklicher

Epilog

Das einzig Gute an dem kurzen Intermezzo war, dass unser liebes Wölkchen bereits im Tragetuch wieder erwacht war und ich pünktlich zum Stillen wieder zu Hause saß. Und Wölkchen schienen meine Haare zu gefallen. Sie lachte mich an und spielte mit einer Strähne. So war immerhin einer glücklich.

Eure Wiebke

4 Comments

  1. 16 November 2015 at 7:16 pm

    Uaaaah! Knutsch dich mal 🙂 Kacke wenn man sich noch so erniedrigt fühlt… aber hey ich find du siehst toll aus wie ein 20er Jahre Girl <3

    • 18 November 2015 at 2:30 pm

      Danke! Ja, an 20er Jahre hatte ich auch bei dem Anblick gedacht 😉 Naja, wächst alles wieder nach. Nur dann hätte ich auch selbst an mir rumschnippeln können. Wäre mindestens genauso gut geworden und hätte mich keinen Cent (und vor allem keine doofen Sprüche) gekostet!

  2. 18 November 2015 at 1:01 pm

    Also ich finde die Frisur steht dir irgendwie! Hat was! Aber ich kann dich verstehen wie du dich gefühlt hast mit dieser Frisörin. Uff.. Mag es garnicht wenn die Stimmung so unangenehm ist und vorallem der letzte Spruch, na toll.
    Drück dich 🙂
    Anna

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