Mit dem falschen Fuß aufgestanden – dreimal

Erkältung bedeutet Schlafmangel
Kennt Ihr auch diese Tage, an denen Ihr einfach neben Euch steht? Dann kommen diese genervten Worte in viel zu schriller Tonlage aus Euch heraus und prasseln auf das Kind hernieder. Jegliche Erziehungsvorhaben werden über Bord geworden. ES MUSS EINFACH RAUS.
Heute war das bei mir der Fall. Denn heute bin ich mit dem falschen Fuß aufgestanden. Wenn man es genau nimmt, gestern und vorgestern auch bereits. Also GANZ genau genommen bin ich quasi bereits mit dem falschen Fuß ins Bett gegangen. Ins falsche Bett. Zur falschen Zeit.

Der Traum

Ich würde ja gerne mal mit meinen geschundenen Füßen in das richtige Bett steigen. Ein Bett, das mit sauberer Bettwäsche, Kerzenschein und vielleicht noch einer leise plänkelnden Hintergrundmusik auf mich wartet. Ich würde einfach einsteigen, egal mit welchem Fuß. Ich würde mich hinlegen. Und durchschlafen. Acht Stunden am Stück, mindestens. Niemand würde mich wecken. Kein Baby, das stündlich seinen Nuckel verliert, durch das Rasseln der mal wieder verschnupften Nase erwacht oder Hunger bekommt. Kein Kind, das morgens neben dem Schlafzimmer „Frère Jacques“ trällert.

Die Realität

Wenn mich andere fragen, wie das Baby schläft, antworte ich wahrheitsgetreu: meist braucht sie nur noch eine Flasche nachts, manchmal zwei. Das klingt doch so, als könnte ich wunderbar schlafen. Einmal nachts in die Küche hinauswatscheln und eine Flasche Milch zubereiten, und schon geht der wunderbare Schlaf der verwöhnten Mein-Kind-wird-nur-einmal-nachts-wach-Mama weiter. 
Und in Wahrheit? In Wahrheit habe ich die letzten drei Nächte nie mehr als eine Stunde am Stück geschlafen. Am Wochenende war es die fremde Umgebung und die Tatsache, dass ich mit Wirbelwind UND Wölkchen in einem Bett schlief, die mich immer wieder wach hielt. Am Tag fehlte der Mittagsschlaf. 
Sonntagabend zeigten sich bereits erste körperliche Erschöpfungserscheinungen. Meine Mundwinkel fingen an zu zucken, als wenn ich gleich in ein Vorstellungsgespräch gehen müsste. 
Leider änderte sich die Schlafsituation zu Hause nicht, wie zunächst erhofft. Denn Wölkchen bekam einen Schnupfen. Und unsere Dramaqueen zeigte, wie man beim kleinsten Röcheln in der Nase aus der Fassung geraten kann. Und so meldete sie sich die letzten beiden Nächte spätestens eine Stunde, nachdem ich das Bett „betreten“ hatte. Durch den beginnenden Schnupfen schlief sie sehr unruhig, auch an meiner Seite. 
Völlig gerädert war ich heute morgen froh, noch etwas schlafen zu dürfen. Nachdem ich die Tür des Mannes zuschnappen hörte, begann Wirbelwind plötzlich ihrem Namen alle Ehre zu machen und singend durch das Wohnzimmer zu „schleichen“. Ich konnte förmlich dabei zusehen, wie das Baby irritiert die Augen öffnete und erwachte. Und während bei ihr die Fragezeichen angesichts ihrer singenden Schwester größer wurden, wuchs meine Zornesfalte.
Einerseits ist es ja schön, dass Wirbelwind sich selber beschäftigt und nicht gleich ins Schlafzimmer schneit. Doch irgendwie ist es schon ein komischer Zufall, dass sie ausgerechnet dann Husten muss, wenn sie das Zimmer betritt. Genauso, wie es immer ein sehr komischer Zufall war, dass sie genau dann Scheißen musste, wenn ich Wölkchen zum Stillen angelegt hatte. Und auch dass sie „vergessen“ hat, dass ihr Gesang vielleicht im Nebenraum zu hören sein könnte, glaube ich nicht so recht. Wahrscheinlich ruft ihre innere Stimme: Hey, die Mama ist schon wieder mit dem Baby alleine, tue doch etwas! Und sie tat es  – schon wieder.

Da ist er, der falsche Fuß

Und genau hier passierte es: ich stieg mit dem falschen Fuß aus dem Bett. Die Tage zuvor war der Fuß zwar auch bereits der Falsche, aber es gibt ja immer eine Steigerung. Und natürlich bekam es Wirbelwind ab, denn sie war ja an allem Schuld. Und so schnauzte ich sie voll, dass es unmöglich von ihr sei, sich so zu verhalten. Sie wisse doch genau, dass ich mit Wölkchen nebenan schlafe. 
Die folgende Stunde musste Wirbelwind so Einiges aushalten. Zwar wurde ich leiser und erklärte ihr, dass ich heute schlecht gelaunt sei, aber auch ihr gegenüber war ich weiterhin unwirsch. Sie konnte sich nicht schnell genug umziehen, nicht ordentlich genug Essen und das Zähneputzen war sowieso eine Katastrophe. Als sie sich nicht schnell genug anzog drohte ich ihr schließlich sie da zu lassen und alleine mit Wölkchen raus zu gehen. Ich glaube ich habe in einer Stunde so ziemlich alles falsch gemacht, was man erziehungstechnisch falsch machen konnte. Aber es ging in diesem Moment nicht anders. Es ist als ob der Schlafmangel die gute Seite in mir stillgelegt hatte. Der Nebel blockierte die Vernunft und stieß meine emotionalen Gedanken ungefiltert hinaus.
Als wir nach Draußen traten wehte mir ein eisiger Wind entgegen. Ich atmete tief ein und blies all den Frust und die Müdigkeit wieder hinaus. Mit jedem Schritt verwandelte sich der „falsche Fuß“ in meinen richtigen. Ein Fuß, der Wirbelwind hinterher lief, um sie lachend mit Schneebällen zu bewerfen. Ein Fuß, der fröhlich vor ihren süßen Kontern floh. Ein Fuß, der ihr mit sicheren Schritten voranging. Ein Fuß, der wunderschöne Fußabdrücke in der frisch entstandenen Schneedecke hinterließ, Fußabdrücke in die Wirbelwind treten kann.   
Eure Wiebke

4 Comments

  1. 16 März 2016 at 7:47 am

    Oh ja, so was kenne ich. Ab einem gewissen Grad von Müdigkeit schaltet sich so eine Art Autopilot ein und dann wird über alles gemeckert. Gut für die Kinder – und für uns – dass wir da irgendwann auch wieder raus kommen. Und meine Kinder sind zum Glück nicht nachtragend.

    • 16 März 2016 at 10:58 am

      Danke für Deinen Kommentar 🙂
      Ich denke nachtragend sind die wenigsten Kinder, sie lieben ihre Eltern, egal wie idiotisch sie sich verhalten. Nur als Vorbild diene ich so nicht. Ich muss einfach zusehen, dass ich zukünftig nicht so schnell auf "Autopilot" umstelle, wie Du es nennst. Sonst fährt das Mamaschiff in die falsche Richtung 😛
      LG Wiebke

  2. 16 März 2016 at 11:08 am

    Ach ja, den kenne ich auch, den falschen Fuß. Der taucht bei mir auch immer auf, wenn ich übermüdet bin. Aber ich denke, die Kinder verstehen schon, dass auch Die Eltern mal schlechte Tage haben dürfen. ich hoffe es zumindest…

  3. 16 März 2016 at 9:22 pm

    Jap, kommt mir sehr bekannt vor … Nach unser Dauer-Krankheitsphase ging ich dermaßen auf dem Zahnfleisch und immer durfte nur ich trösten. Niemand anderes erwünscht, sprich keine Ablösung. Dazu eine richtig furchtbare Phase beim Einschlafen, die ich mit meiner gereizten "Ich will jetzt endlich auch mal Feierabend"-Stimmung nicht grad verbessert habe. Unwirsche, laute Kommentare .. Hallo Rabenmutter … Mein schlechtes Gewissen pfiff aus allen Löchern. Aber siehe da, kaum sind wir mal zwei Tage gesund, bin ich wieder eine von den Guten. Und wir haben Spaß und kuscheln und ich bin gaaaanz geduldig.

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