Wenn andere Eltern mich schocken

Bagger auf Spielplätzen

Oh wie ich koche!!! Nun gut, wenn es um die eigenen Kinder geht, wird man sowieso noch einmal besonders zur keifenden Hyäne (oder so ähnlich). Aber je öfter ich über die Situation nachdenke, desto mehr muss ich den Kopf schütteln.

Rückblick

Wir waren auf dem Spielplatz. Hier gibt es einen Sandkasten, in dem ein Metallbagger installiert ist, auf den sich die Kinder setzen und die Schaufel drehen und schwenken können. Gerade steuerte ich mit Wölkchen darauf zu (sie liebt Bagger), als zwei Jungs sich in letzter Sekunde darauf stürzten. Nun gut, dann müssen wir eben warten. Ich gebe Wölkchen derweil etwas Sandspielzeug und sie setzt sich neben den Bagger. Ganz versunken spielt sie mit Schaufel und Sieb. Der ältere von Ihnen (vielleicht so 8 Jahre alt) hing sich an die Schaufel, damit der Bruder (ca. 6) nicht mehr baggern konnte.

So weit nicht weiter verwunderlich. Ein ganz normaler „Kampf“ zwischen Geschwistern. Doch das Verhalten der Eltern war Bühnenreif…

Klappe, die Erste

Die Eltern sitzen auf der Bank und beobachten die Szene.

Mutter (mit Blick zum großen Sohn an der Baggerschaufel hängend): „Jetzt nutzt er seine Unantastbarkeit aus.“

Der kleine Junge hilflos zu seinen Eltern: „Mamaaaaaa! Papaaaa!“

Mutter zum großen Sohn: „Geh da runter!“

Keine Reaktion.

Mutter zum Mann: „Oh das regt mich jetzt schon wieder auf, wie die sich verhalten“.

Vater zum jüngeren Sohn: „Hast Du denn schon gesagt, dass er runter soll?“

Mutter zum Mann: „Hat er doch schon gesagt…“

Mutter zum großen Sohn: „Du sollst da weggehen!“

Sohn: „Nein!“

Mutter zum Sohn: „Doch du gehst da jetzt weg. 1 – 2 -…„

Vater zur Frau: „Du weißt doch, dass das nichts bringt.“

Mutter weiter: „3…“

Keine Reaktion.

Vater zur Frau: „Siehste. Das hilft nichts.“

Vater zum großen Sohn: „Komm, ich muss Dir was flüstern.“

Keine Reaktion.

Irgendwann verlor der Sohn dann doch die Lust an dem Spielchen und ließ ab.

Klappe, die Zweite

Das wäre wahrscheinlich noch nicht erwähnenswert. Aber mit dem, was dann passiert, komplettiert es das Bild.
Wölkchen saß die ganze Zeit daneben und schaufelte fleißig Sand. Inzwischen hatte sich der jüngere Sohn mit seiner Schaufel Wölkchen zugewendet. Wölkchen hatte sich einen kleinen Sandspielzeug-Bagger gewidmet. Ich hatte kurz weggesehen. Als ich wieder hinschaute, hatte der Junge auf dem Bagger plötzlich Wölkchens Spielzeugbagger in der Hand. Und dann geschah es. Der Junge schaute auf Wölkchen herab und warf den Bagger an ihren Kopf. Er traf ihre Mütze, die wohl etwas vor dem Aufprall schützte, denn Wölkchen zeigte zunächst keine Reaktion. Das schien dem Jungen nicht zu gefallen. Er lenkte den installierten Bagger nun zielsicher Richtung Wölkchen, hob die Schaufel an, um sie kurz darauf auf ihren Kopf fallen zu lassen. Nun hatte er die gewünschte Reaktion: Wölkchen brüllte los. Ich rannte zu ihr, um sie zu trösten. Auf dem Weg zu ihr grinste mich der Junge an.

Die Mutter des Jungen indes widmete sich ihrem Sohn. Sie sagte (Achtung!): „Bagger mal auf der anderen Seite weiter“, und ging wieder weg. Kein Blick zu mir oder zu Wölkchen. Kein Bedauern, keine Reaktion. Und ihrem Sohn gegenüber kein Wort dazu, dass dieses Verhalten nicht angemessen war.“ Dass sie es nicht gesehen hat und nur glaubte, dass der Sohn aus Versehen Wölkchen getroffen hatte, kann ich mir angesichts der Vorgeschichte nicht wirklich vorstellen.

Erziehungsfaulheit?

Ich habe nun wahrlich keine weiße Erziehungsweste. Aber was die Eltern sich hier leisten, bringt mich zum kochen. Und das Verhalten des Kindes scheint mir hier nun überhaupt nicht mehr verwunderlich. Eltern, die es nicht schaffen ihren Kindern die grundlegendsten sozialen Werte zu vermitteln, sondern lieber das Verhalten der Kinder aus der Ferne kommentieren und heruntermachen. Wie sollen die Kinder lernen, was angemessen ist, wenn es ihnen niemand sagt? Ich schätze mich schon tolerant gegenüber anderen Erziehungsmethoden ein. Aber wenn es um die Gesundheit meiner Kinder geht, da hört es für mich einfach auf. So, das musste jetzt einfach mal raus.

Hattet Ihr auch schon einmal so eine Begegnung der anderen Art?

Eure Wiebke

Mit diesem Beitrag nehme ich an der Blogparade „Spielplatz – Traumhaft oder wahrgewordener Albtraum?“ von dreamingtoday teil.

Bild: Pixabay.com

16 Comments

  1. 14 April 2017 at 10:01 pm

    Poah! Krass! Ganz ehrlich, mittlerweile warte ich nicht mehr auf die anderen Eltern sondern mache auch anderen Kindern eine (halbwegs neutrale) Ansage. Allein schon um meinen Kindern zu zeigen, dass das nicht ok war und ich mich für sie einsetze… :/

    Liebe Grüße, Frida

  2. 14 April 2017 at 10:13 pm

    Okay, so wird es deutlicher als in140 Zeichen. Und ja, sowas macht mich rasend. K2 hat mal – ohne ersichtlichen Grund – einem anderen Kind eine Schaufel übergezogen. Entschuldigen wollte sie sich nicht, weil es ihr (damals 2 Jahre) offensichtlich gar nicht leid tat. Der Junge war ca 5 oder 6 und die Mutter lachte (leider), dass er losheulte nachdem K2 ja viel kleiner & jünger war. Da hatte ich dann kaum noch Chance, sowas wie Reue im Kind auszulösen… Dabei kenne ich es von K1, dass sie sich von Kleinen viel mehr gefallen lässt und sich nicht wehren mag, weil sie eben kleiner sind.
    Lange Rede, kurzer Sinn: eine Situation, wo ich mit meinem Kind in den Dialog gehen muss. Sowas kann ich nicht einfach übergehen!
    Fühle da ganz mit Dir!

  3. 14 April 2017 at 10:18 pm

    Uff, das klingt wirklich nach „Albtraum“. Das Kind wollte vielleicht seine Frustation der ersten Situation rauslassen. :/ Ich glaube manche Eltern denken, auf dem Spielplatz „machen die Kinder halt ihr Ding“ und müssen sich nicht kümmern. Vielleicht waren sie auch peinlich berührt… Doch dann hätte ein Blick zumindest gezeigt, sie würden mitbekommen, was auf dem Spielplatz passiert. Ich sehe es wie Frida, in angemessenem Ton zu reagieren finde ich voll ok. Das Kind war immerhin auch in einem Alter, wo ihm bewusst sein sollte, dass er dem Wölkchen weh tat.

    Schön, dass du bei der Blogparade mitgemacht hast. 🙂

  4. Unbekannt
    Antworten
    15 April 2017 at 9:05 am

    Ja gut, aber Du hast doch gesehen das er den Bagger geworfen hat, und gesehen das er sie zu steuert, wieso bist du denn da nicht gleich dazwischen sondern erst als die Schaufel schon gefallen ist? Oder verstehe ich das falsch? Ich hätte die Mutter zur Rede gestellt, bzw hätte wenigstens meinen Unmut raus gebracht.

    • 15 April 2017 at 5:37 pm

      Als er den Bagger warf, dachte ich noch an einen dummen Zufall. Daher hatte ich da noch nicht reagiert. Wie gesagt, Wölkchen zeigte ja keine Reaktion. Wenn ich jetzt panisch auf sie zugerannt wäre, hätte sie in jedem Fall losgeweint.

  5. Claudia
    Antworten
    15 April 2017 at 9:44 am

    Ich hätte dem Kind, wenn es die Eltern nicht tun, deutlich gesagt, dass das nicht geht. Ich möchte mich nicht in andere Erziehungsstile einmischen, aber beim Hauen und evtl Verletzen von anderen Kindern ist Schluss. – Und ja, das würde ich auch von anderen Eltern erwarten, wenn meine beiden in einer unbeabsichtigten Minute sowas machen würden.

  6. Simone
    Antworten
    15 April 2017 at 10:51 am

    Puh, das ist aber wirklich ein starkes Stück.

    Selbst wenn die Mutter es tatsächlich nicht mitbekommen hat – was ich aber auch nicht glaube – hätte sie dem Kind wenigstens deutlich machen müssen, dass er Wölkchen unbeabsichtigt weh getan hat und dass man sich auch für sowas entschuldigen kann.

    Und ich bin da bei meinen Vorschreibern. Wenn keine angemessene Reaktion von den Eltern kommt, habe ich keine Probleme damit, auch fremde Kinder auf ihr Fehlverhalten (angemessen) hinzuweisen.

  7. 15 April 2017 at 11:58 am

    Richtig behämmert. Und gemein, ich meine: Wölkchen hat das ja offensichtlich weh getan!! Da ist eine Entschuldigung das Mindeste. Und wenn’s den Kindern keiner vormacht, ist es kaum verwunderlich, dass sie dieses respektlose Verhalten übernehmen 🙁 Traurig. Hast du die Eltern angesprochen?

    • 15 April 2017 at 5:41 pm

      Nein, ich habe sie nicht angesprochen und ich ärgere mich im Nachhinein auch darüber. Aber ich war in dem Moment zu geschockt, dachte ja auch, dass die Eltern etwas sagen würden. Und dann war ich damit beschäftigt Wölkchen zu trösten. Zählt ein grimmiger Blick auch? :-/

  8. 15 April 2017 at 3:05 pm

    Ganz ehrlich? Ich wäre nicht so ruhig geblieben und hätte dem anderen Kind deutlich gesagt das das nicht ok war. Wenn die Eltern nicht reagieren dann mache ich das eben. So ein Verhalten geht gar nicht. Liebe Grüße, Nicole.

    • 15 April 2017 at 5:42 pm

      Liebe Nicole, ich muss gestehen, dass ich selber die Situation erst einmal sortieren und einordnen musste. Es hatte mich schlichtweg überrascht. Und dann bin ich so überhaupt nicht schlagfertig. :-/

  9. 15 April 2017 at 4:47 pm

    Liebe Wiebke,

    Ich glaube es braucht ein paar solcher Situationen um als Elternteil über sich hinaus zu wachsen und ein anderes Kind dann auch zurecht zu weisen. Wie im meinem Artikel: „So nicht“ schon beschrieben, ist das Problem vorallem, dass wir als Eltern ja den anderen Eltern erstmal die Chance geben wollen „richtig zu reagieren“ oftmals steht man aber auf dem Schlauch und ist selbst peinlich berührt, von dem Verhalten des eigenen Kindes. Und wenn andere Eltern was zu deinem Kind sagen, musst du wahrscheinlich auch erstmal schlucken. Aber ich finde wir sollten das einfach tun und zwar nicht mit Wertung, sondern gegenseitiger Hilfestellung. Jeder hat mal einen Bad-Parent-Day und wie du ja treffend bemerkt hast, waren die Eltern schon vorher genervt vom Verhalten ihres Sohnes und vielleicht einfach „müde etwas zu sagen“. Und oftmals nehmen die Kinder es dann von anderen Eltern viel eher an, also es macht vielleicht eher klick wenn ein Le fremde Person ein „ernstes Wörtchen“ mit ihnen spricht.

    Liebe Grüße,
    Ella ?

  10. 15 November 2017 at 12:31 am

    In solchen Fällen stelle ich immer die Kinder persönlich zur Rede. Das ist oft die einzige Möglichkeit Eltern, die auf dem Spielplatz wie mit der Bank verschmolzen sind überhaupt zum Aufstehen zu animieren. Habe leider schon öfter festgestellt, dass einige Kinder sich sehr aggressiv verhalten nur um überhaupt von ihren Eltern bemerkt zu werden, während diese wie gebannt auf ihr Handy starren. Manchmal lassen sich Konfrontationen mit anderen Eltern einfach nicht vermeiden.

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