Ein Paket

Es regnet. Während der Mann mit den Kindern beim Friseur sitzt, husche ich schnell zur Post und hole das lang ersehnte Paket ab. Wie eine Trophäe trage ich es vor mir her. Die Regentropfen färben den Karton dunkel ein. Da ist er. Da halte ich ihn in meinen Händen. Der Beweis dafür, dass sich in diesem Jahr so einiges ändern wird. Es wird nun greifbar, im wahrsten Sinne des Wortes.

Verrückt. Gerade eben noch habe ich sie geboren, meinen Wirbelwind. Gerade eben noch. Ich erinnere mich noch so deutlich daran. Die Hitze im Kreißsaal, weil die Hebamme eine Ewigkeit vor der Entbindung den Heizstrahler bereits angestellt hatte. Im Juni. Die Vorfreude, mein Baby endlich in den Händen halten zu dürfen. Die angespannten Blicke des Mannes und seine noch heißeren Hände, die mich eigentlich beruhigen sollten, aber genau das Gegenteil bei mir bewirkten. Und dann endlich mein Wirbelwind, den ich überglücklich in meinen Händen hielt, sie bestaunte von oben bis unten und mich das erste Mal in meinem Leben fragte, wie solche Wunder überhaupt möglich sind. All das kann doch keine fast sechs Jahre her sein. Niemals! Doch dieser Karton in meiner Hand beweist das Gegenteil.

Kommt es mir nur so vor, oder wird der Karton gerade schwerer, mit jedem Schritt? Hat das da drinnen doch mehr Gewicht, als ich es wahrhaben möchte? Neben der Freude mischt sich ein mulmiges Gefühl. Was wird uns wohl erwarten? Was wird sich ändern? Wie wird Wirbelwind die Veränderung annehmen? Wie werden wir als Familie die Umstellung meistern?

Diese und noch ein paar Fragen mehr schießen mir durch den Kopf. Immer wieder. Schon die vergangenen Monate. Doch jetzt in diesem Moment, in dem ich den kurzen Weg nach Hause laufe, scheinen sie alle auf einmal auf mich einzuprasseln und ich kann sie nicht einfach verdrängen. Sie werden präsenter. Eine Antwort habe ich nicht. Die Antwort wird nur die Zeit bringen.

Zu Hause angekommen packe ich den Karton aus und stelle den Inhalt gut sichtbar auf das Sofa. Es dauert nicht lange, und es klingelt an der Tür. Der Mann und die Kinder sind zurück. Die kleinen Köpfchen illern zur Wohnzimmertüre herein. Noch ehe Wirbelwind etwas sagen kann, ruft ihre kleine Schwester Wölkchen:

Ein Schulranzen!

Ja, auch sie weiß inzwischen, was ihre große Schwester dieses Jahr erwarten wird. Beide merken, dass eine Veränderung ansteht. Beide sind freudig gespannt. Und beide, so empfinde ich es, wissen nicht, was auf sie zukommen wird. Wölkchen ebenso wenig wie Wirbelwind. Und vielleicht weiß ich es selber nicht so wirklich.

Den restlichen Abend sind die Kinder damit beschäftigt, ihre Schulranzen anzuprobieren, Wirbelwind den echten und Wölkchen einen Rucksack, um es ihrer großen Schwester gleich zu tun. Wirbelwind ist überglücklich, voller Freude und Stolz. Für sie wird der erste Schultag ein ganz besonderer Tag sein. Für mich auch, nur anders. Doch ich hoffe sehr, dass sie den Ranzen nicht als Last, sondern als Bereicherung empfinden wird. Ja, das hoffe ich inständig.

Eure Wiebke

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Ein Paket - Gedanken einer Mutter mit Vorschulkind

4 Comments

  1. 15 März 2018 at 9:05 pm

    Hallo Wiebke,

    Ein wundervoller Text.
    Mir ging es vor zwei Jahren ganz genau so. Mittlerweile haben wir zwei Schulkinder und ja, der Schuleintritt hat unser komplettes Leben verändert.

    Ich wünsche euch noch viel Vorfreude bis dahin und empfehle euch genießt diese letzten Monate ohne Müssen und ohne Schulpflicht.

    Viele Grüße
    Mama Maus

    • 16 März 2018 at 8:04 am

      Meine Liebe,
      vielen Dank.
      Ja, wir werden die letzte Zeit vor dem Schuleintritt wohl noch besonders intensiv genießen.
      LG Wiebke

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