Viele von uns Eltern haben sich nichts sehnlichster gewünscht, genau das zu sein: Eltern. Ein kleines Kind in den Armen zu halten, Verantwortung zu übernehmen, Nähe geben, Geborgenheit. Und ich würde das um nichts in der Welt tauschen!
Doch wer von Euch hätte gedacht, dass manche Dinge, die vorher so selbstverständlich waren, nun weit und breit nicht mehr zu finden sind? Einfach aus dem Staub gemacht. Und geben wir es zu: manche Dinge davon, vermissen wir schon ein wenig, oder?
Das ist meine Liste an Selbstverständlichkeiten, die bei mir nicht mehr vorzufinden sind.
1. Der Boden ist zum Laufen da.
Ich erinnere mich gerne zurück an die Zeit, als ich noch kinderlos war und eine Freundin mit einem einjährigen Kind besuchte. Ich wunderte mich, dass so viel Spielzeug auf dem Boden herum lag. Denn: der Boden ist ja zum Laufen da. Das Spielzeug gehört doch in irgendeine Kiste, oder wenigstens auf den Tisch.
Nun ja. Zehn Jahre später sitze ich hier in meiner Wohnung und kämpfe jeden Tag dafür, dass zumindest das Wohn- und Arbeitszimmer von Spielzeug befreit ist. Im Kinderzimmer kann ich nur dann drei Schritte geradeaus machen, ohne irgendwo draufzutreten, wenn ich es höchst persönlich aufgeräumt habe. Das passiert allerdings immer weniger. Denn eine halbe Stunde später sieht es ja sowieso wieder aus wie vorher. Tja, bei den Kindern lautet eben die Devise: Der Boden ist zum Spielen da. Ist halt so. Seufz.
2. Die Türen haben Klinken.
Ja, da scheinen die Kinder jedes Mal von Neuem überrascht zu sein. Türen haben Klinken. Das sind diese Griffe in der Mitte dieses Holzbrettes, was ihnen immer den Eingang versperrt. Den kann man drücken, nicht nur wenn man in einen Raum hinein möchte, sondern – jetzt kommt`s – auch wenn man wieder den Raum verlässt.
Große Kulleraugen staunen, was es alles gibt, schütteln den Kopf und schlagen weiter schwungvoll die Türe zu, wenn überhaupt. Besonders, wenn man noch im Bette liegt und ein wenig auf Punkt drei hofft:
3. Am Wochenende wird ausgeschlafen.
Ist doch logisch: Wenn man in der Woche die Kinder 6:45 Uhr förmlich aus den Betten kehren muss, dann ist es doch nachvollziehbar, dass sie am Wochenende, wenn sie ausschlafen können, das auch tun. Tja, weit gefehlt. Denn irgendwie sind die Kinder anders programmiert. Ein Bug sozusagen, der dazu führt, dass Kinder am Wochenende IMMER eher aufstehen, als in der Woche. IMMER! Und damit rückt auch mein Credo „Am Wochenende wird ausgeschlafen“ in weite Ferne. Denn selbst wenn man die Kinder dazu bekommt, sich tatsächlich leise zu verhalten und das elterliche Schlafzimmer zu vermeiden, damit Mama und Papa ausschlafen können, bleiben immer noch die Türklingen, die dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung machen.
4. Die Wände sind sauber.
Wie man sich damals, als Single ärgerte, wenn an die frisch gestrichene Wand, aus welchem Grund auch immer, ein Kratzer oder ein Strich gekommen ist… Im Haushalt mit Kindern wird es schwierig, eine Wand zu finden, die KEINEN Makel hat. Sind die Kinder besonders klein, kann auch gerne mal die weiße Wand als Aufforderung gesehen werden, diese bunter zu gestalten. Ältere Kinder sollten das zwar nicht mehr tun, aber sauber bleiben die Wände dennoch nicht. Insbesondere der Bereich um die Lichtschalter (insbesondere am Badezimmer) ist sehr beliebt. Ist ja auch echt schwierig, diese kleinen Schalter an der riesigen Wand zu treffen. Da kann man schon mal mit seinen schokocremeverschmierten Patschehändchen daneben fassen. Immer und immer wieder. Nun ja: Grau ist das neue Weiß. Oder so ähnlich.
5. Deko steigert das Wohlfühlen in den eigenen vier Wänden.
Wenn wir einmal bei „hübsch anzuschauen“ sind, manch einer von Euch wird auch das vermissen: Dekoration, die sorgsam ausgesucht und liebevoll an seinen Bestimmungsplatz gestellt wurde, wo sie dann brilliert und dem ganzen Raum eine besondere Note verleiht.
In den ersten Jahren verschwand die Deko aus den Räumen. Zu groß die Gefahr, vom neugierigen Kind zu genau inspiziert zu werden. Später haben wir Eltern wieder Deko stehen und hängen: Auf dem Couchtisch, am Kühlschrank, auf dem Fensterbrett, an der Fensterscheibe. Überall ist es „dekoriert“. Das Gute: für das Meiste davon mussten wir nicht einmal viel Geld ausgeben. Denn unsere Kinder haben uns mit dieser Deko beglückt. Vielleicht ist es sogar ganz schön, diese Deko, weil sie von Herzen kommt und Geschichten erzählt. Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich mir das irgendwie anders vorgestellt.
6. Bei Los geht’s los.
Tja, das ist wohl ein Thema, das auch viele Eltern betreffen (zuletzt gelesen auf Instragram bei ganznormalemama). Früher, wenn man einen Ausflug machen wollte, ist man einfach zur Tür gegangen, hat sich seine Schuhe und Jacke angezogen, Habseligkeiten eingesteckt und los ging es. Geschätzte Zeit vom Vorhaben bis zur Umsetzung: 2 Minuten.
Heute läuft es in etwa so ab: Man teilt den Kindern mit, dass man jetzt losgehen möchte. Die Kinder spielen unbeirrt weiter. Man teilt es ihnen noch einmal mit und verleiht dem Ganzen sogar Nachdruck, indem man sich selber schon einmal anzieht. Die Kinder bewegen sich Richtung Tür. Auf Grund von Erfahrungswerten werden die Kinder zur Toilette geschickt, was sie murrend auch tun. Dann steuern sie erneut die Tür an. Hektisches Schuhgesuche. Ein Schuh fehlt von genau dem Schuh, den das Kind heute anziehen wollte. Große Suchaktion startet, ohne Erfolg. Nun müssen Argumente für einen anderen Schuh her. Je nach Tagesform werden diese dann ohne oder mit Gejammer angezogen. Teil eins ist geschafft, jetzt noch die Jacke. Es sind sieben Grad draußen und die Kinder greifen zur Sommerjacke. Die Jacke muss bleiben, also muss noch ein Pullover drunter gezogen werden. Den Eltern rinnt der Schweiz von der Stirn. Je nach Anlass des Aufbrechens wird jetzt noch die Tasche gepackt, die Trinkflasche befüllt, Knabbersachen eingepackt oder einfach nur der Geldbeutel. Der elterliche Fuß tippt nervös auf und ab. Doch dann passiert es: die Türe kann endlich geöffnet und die ganze Bagage ins Freie befördert werden. Geschätzte Zeit vom Vorhaben bis zu Umsetzung: 20 Minuten. Zeit ist relativ, insbesondere, wenn Kinder dabei sind.
7. Die Zahnpasta ist nur im Waschbecken.
Aus aktuellem Anlass musste ich diesen Punkt noch ergänzen: Zähne putzen passiert im Bad am Waschbecken. Daher spritzt vielleicht mal ein wenig Zahnpasta an den Badezimmerspiegel. Aber ansonsten bleibt alles fein im Waschbecken, welches nach dem Zähneputzen gesäubert wird.
Ha, weit gefehlt. Kinder putzen eben anders. Das fängt schon bei der Wahl des Ortes an. Da ist das Wohnzimmer, wo die Eltern sitzen, oder der Spiegel im Flur, in dem man viel besser gucken kann, doch viel interessanter. Da kann man noch so viel die Zahnputzmonster darauf hinweisen, wo bitte geputzt werden soll. Und so entfernt man Zahnpastareste von Orten, an denen man nie gedacht hätte, dass sie einmal Zahnpasta sehen würden.
Könnt ihr ergänzen?
Eure Wiebke
Julie
Haha, ich kenne das und ergänze um:
Feierabend ist Feierabend
Ich bestimme wann/wie lange ich schlafe
Dreckige Kleidung kommt direkt in die Waschmaschine
verflixteralltag
Ja genau! „Feierabend“ existiert bei mir auch quasi nicht mehr im Wortschatz ;-P
Lilith
Gegessen wird im Sitzen
Brote werden bei Unterbrechung durch Durst auf den Teller gelegt (und nicht mit der Marmeladenseite nach unten auf den Tisch)
Die Wohnung wird nur vollständig angezogen verlassen
verflixteralltag
Oje. Punkt 1 beherrsche ich selbst leider auch nicht.
Aber zum letzten Punkt hätte ich gerne noch eine Erklärung. Hat jemand schon mal seine Hose vergessen, oder Ähnliches? 😉
LG Wiebke
Lilith
Lass es mich so ausdrücken: unsere Definitionen von „vollständig angezogen“ sind nicht ganz deckungsgleich 😉
Und ja, meistens geht es um die Hose, wobei im Moment eh nur Kleider angesagt sind
Sorry, der 2. Kommentar drunter war ein Versehen
Lilith
Brote werden auf den Teller gelegt und nicht mit der Marmeladenseite nach unten auf den Tisch
Von meinem Teller esse nur ich
Die Wohnung wird nur in vollständig bekleidetem Zustand verlassen
Jasmina
Ich hab mal wieder Tränen gelacht…besonders bei Punkt 6 – da spüre ich direkt meine Halsschlagader pulsieren 😀 Ach, war das als NIcht-Eltern noch so einfach…Jacke an, Schuhe an, Los gehts. Wir haben unseren Rausgeh-Zeitrahmen ein wenig damit optimiert, indem wir nur noch ein Paar Schuhe und eine Jacke an der Garderobe deponieren. Damit sparen wir uns zumindest die „Ich-will-aber-das-anziehen“-Diskussionen, weil es einfach keine Alternativen gibt ;-). LG Jasmina