Verschneit

„Knirsch, knirsch“ machte es heute kaum merklich unter meinen Füßen, als ich die Arbeit verließ und Richtung Auto lief. Gleichzeitig fielen kleine weiße Flocken vom Himmel. Es schneite. Es war der erste Schnee in diesem Winter. Es war der erste Schnee für meinen Wirbelwind in diesem Winter, der erste Schnee, den sie bewusst wahrnehmen würde. Doch ich werde nicht erfahren, wie sie auf den Schnee reagiert hat, denn ich war nicht dabei.

Ich saß im Büro, guckte aus dem Fenster, sah die Schneeflocken herunterrieseln und stellte mir vor, wie sie am Fenster stehen und staunend den Flocken beim Herunterfallen zusehen würde. Oder vielleicht war sie sogar draußen und flitzte aufgeregt von einer Flocke zur anderen, um sie zu haschen. Doch dieses Bild existiert nur in meiner Fantasie, denn ich war nicht dabei.

Die Erzieher im Kindergarten dürfen es sehen, wie die kleinen Knirpse ihren ersten Schnee bewusst erleben, wie sie mit leuchtenden Kinderaugen dem Schneetreiben folgen. Warum musste es in der Woche schneien? Warum konnte der Wettergott nicht bis zum Wochenende warten? Dann wäre ich diejenige gewesen, die in die Kinderaugen schauen und die Faszination dieses unschuldigen Wesens miterleben könnte. Doch ich war nicht dabei.

Schon seltsam. Bislang habe ich an den Ereignissen im Leben meines Wirbelwindes immer teilgenommen. Seit sie im Kindergarten ist, fehlt ein großes Stück davon. Ich gebe mich damit zufrieden, sie spielt ja nur etwas, isst und schläft. Die wirklichen Entwicklungen und Entdeckungen macht sie bestimmt nur morgens und abends, wenn ich dabei bin. Bestimmt. Doch solche Tage wie heute zeigen mir, dass es vielleicht doch nicht so ist. Dass ich eben nicht mehr alles miterlebe, was mein Wirbelwind erlebt. Die gute Nachricht: irgendwann kann sie richtig sprechen. Und dann erzählt sie mir alles ganz genau. … Hoffe ich …

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