Das Ü-Baby – ein Typologisierungsversuch

Heute möchte ich ein besonderes Phänomen geschreiben. Nein viel mehr noch, es handelt sich um eine Spezies, ein Typus Baby, welches scheinbar doch größere Verbreitung findet, als bislang bekannt. Oft werden sie als Schreibabys oder Tragebabys tituliert. Eine Erklärung, mit denen Eltern nicht gerade glücklich sind. Mit dieser Dokumentation der bisherigen Erkenntnisse möchte ich der Ungewissheit ein Ende setzen und zahlreichen jungen Müttern und Vätern die Gewissheit geben: Ja, Dein Baby ist ein Ü-Baby und nein, Du bist nicht allein. Beginnen wir also mit der Beschreibung des Phänomens…

Wofür steht das „Ü“ in Ü-Baby?

Das „Ü“ steht für „Überlebensinstinkt“. Ein Ü-Baby besitzt demnach einen sehr starken Willen zum Überleben. Jedes seiner Handlungen lässt sich auf dieses Motiv zurückführen. Im Folgenden sollen zehn Merkmale aufgeführt werden, die das Ü-Baby beschreiben. Je mehr dieser aufgelisteten Punkte das Baby erfüllt, desto höher ist der Überlebensinstinkt ausgeprägt.

1. Es schreit laut
Es macht sehr lautstark auf sich aufmerksam, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Bei zu nahem Kontakt mit dem Schreihals herrscht Tinitusgefahr.
Positiver Nebeneffekt: der dadurch verursachte Hörschaden gewährleistet, dass die Eltern Sätze der Verwandtschaft wie „trag es doch nicht so viel herum“ oder „du legst es zu oft an“ nicht mehr wahrnehmen können.

2. Es schreit schnell
Ü-Babys haben einen hohen Drang zu Lernen, denn sie wollen schnell selbstständig werden. Diese Ungeduld und Wissbegier führt dazu, dass ihnen schnell langweilig wird und sie diesen Missmut auch nach Außen tragen. Andererseits kann sie die Reizüberflutung überfordern, was sie ebenfalls lautstark verkünden.

3. Es bevorzugt die Mama
Natürlich muss es seine Nahrungsquelle wie eine Glucke bewachen. Es muss ja immer rechtzeitig für Nachschub gesorgt werden können. Daher wird die Mama bevorzugt. Der Papa, so liebevoll er auch versucht das Baby durch die Gegend zu tragen, wird lautstark angebrüllt.

4. Es lässt sich nicht ablegen/ es schläft nur beim Herumtragen
Wenn das Baby auch noch so friedlich in den Armen zu schlafen scheint, sobald ein Ablegeversuch gestartet wird, öffnet es die Augen bzw. fängt es an zu protestieren, denn schließlich wird ihm gerade sein Wohlfühlort entzogen. Auch im Kinderwagen oder Auto schläft es nicht ein. Liebster Schlafplatz ist Mamas Arm (siehe 2.) oder das Tragetuch.
5. Es schläft ungern auf dem Rücken
Grund ist neben der Nähe auch die Schlafposition. Denn das Ü-Baby schläft ungern auf dem Rücken. Wie im Tierreich verbreitet, würde das Liegen auf dem Rücken eine zu große Angriffsfläche für Feinde bieten. Wie ein hilfloser Käfer zappelt es auf dem Rücken und bittet um Schutz. Viel lieber liegt es daher auf der Seite oder dem Bauch, als würde es einen unsichtbaren Schutzpanzer auf dem Rücken besitzen.

6. Es hat einen leichten Schlaf
Um während des Schlafens dennoch die Kontrolle zu behalten und sofort zu merken, wenn die mütterliche Nähe entzogen bzw. die Schlafposition verändert wird, ist der besonders leichte Schlaf eine logische Konsequenz. Schließlich könnten zwitschernde Vögel potenzielle Gefahren bergen, wusste auch schon Hitchcock.

7. Es nimmt keinen Schnuller
Wie
auch immer sie genannt werden, Schnuller, Nuckels, Nunis, sie werden
verschmäht. Warum sollte unser Überlebenskünstler auch seine Energie an
das Schnullernuckeln verschwenden. Zudem soll durch das ständige Nuckeln an Mamas Brust für das ständige Sprudeln der Nahrungsquelle gesorgt werden.



8. Es macht nachts kein großes Geschäft
Der nächtliche Schlaf wird erst begonnen, wenn nochmals eine große Ladung in die Windel gegangen ist. Das Baby bezweckt damit im wahrsten Sinne des Wortes seinen Arsch zu retten 😉

9. Es schläft spät ein
Dieses Phänomen dient dem Zweck nicht alleine schlafen zu müssen. Es bleibt einfach so lange wach, bis Mama sowieso ins Bett gehen würde. So bleiben ihm einige Stunden einsames Butzeln erspart. Es könnte ja ein Monster unterm Bettchen lauern.

10. Es verhindert Nachwuchs
Der letzte Punkt ergibt sich aus all den vorherigen Punkten. Durch die starke Aufmerksamkeit, die es einfordert, das ständige Umsorgen, das Rund-um-die-Uhr-da-sein-müssen, das späte Zubettgehen, das Schlafen am Liebsten am Körper der Mama, haben die Eltern einerseits wenig Lust ein weiteres Geschwisterchen zu planen, noch die Gelegenheit es umzusetzen. Das Ü-Baby sichert auf diese Weise, dass sich die Aufmerksamkeit durch weiteren Nachwuchs nicht reduziert.



Und, habt Ihr Euer Baby darin wiedergefunden? 
Habt Ihr auch ein Ü-Baby?

Eure Wiebke

6 Comments

  1. 7 August 2015 at 4:50 pm

    Super. Genial. Wenn ich dir sage, dass der letzte Punkt alle Übrigen einschließt, erklärt es sich von selbst, warum mein Sohn noch keine Geschwister hat. Hihi. LG Bine

  2. 7 August 2015 at 7:13 pm

    Hihi, das hast Du schön zusammengefasst, liebe Wiebke, sehr passend! Ich habe auch immer Steinzeitbaby dazu gesagt, das einzige, was nicht zum Steinzeitbaby passt, ist das ständige ohrenbetäubende Gebrüll, das lockt doch die wilden Tiere an!;)
    Interessant auch immer wieder (beim Großen bis heute sehr krass) der Wille und Ehrgeiz, was neues zu können und der Missmut, wenn es nicht gelingt, gleichzeitig aber die schnelle Überreizung. Also der fast übergangslose Wechsel zwischen Über- und Unterforderung. Ist bei mir selbst auch bis heute sehr deutlich (obwohl ich angeblich kein Steinzeitbaby war).
    Ich bin sooo froh, dass ich diese Zeit hinter mir habe und wünsche Dir viel Geduld und Nerven, bis es besser wird.
    Liebe Grüße!

  3. 12 August 2015 at 7:01 pm

    Wunderbar! Meine Kleine ist jetzt 19 Monate alt – aber bis auf das Geschrei immer noch ein Ü-Baby…

Ich freue mich über einen Kommentar

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