Frozen Wirbelwind – Oder: eine Schlitterpartie auf Eis

Kind mit vier Jahren Schlittschuh laufen

Wirbelwind stand heute das erste Mal auf Schlittschuhen. Eine Leistung, die ich erst mit ca. 16 Jahren vollbracht habe. Nicht, weil ich es nicht eher gepackt habe, sondern einfach weil sich mir vorher nie die Gelegenheit bot. Wirbelwind mit ihren vier Jahren hat mir da nun also etwas Voraus, und es wird wohl noch mehr folgen. Heute möchte ich Euch aber erzählen, wie es zu diesem besonderen „Ersten Mal“ kam, was für Hürden auf dem Weg so herumlagen und wie sich Wirbelwind geschlagen hat.

Schlittschuhlaufen – ein Hype

Wirbelwind liegt mir bereits seit einigen Wochen in den Ohren mit dem Wunsch, endlich einmal Schlittschuhlaufen zu dürfen. Sie hat auch schon ganz viel geübt, meint sie immer wieder stolz und gleitet, noch während sie die Worte ausspricht mit ihren Füßen über den Fußboden. Dann nimmt sie die Arme in die Höhe und dreht sich im Kreis.

Ich besitze einen Baumschmuckanhänger in Form eines Schlittschuhs, den sie selbstverständlich am Schönsten und Tollsten von allen fand. Auf dem Weg zum Kindergarten kommen wir an einer Litfaßsäule vorbei, bei welcher Werbung für eine Eisrevue gemacht wird und eine Eiskunstläuferin gezeigt wird. Wirbelwind ist fasziniert und möchte dort unbedingt hin.

Woher kommt diese Faszination? Mir war es wirklich lange nicht klar, bis sich der rote Faden plötzlich eingebungsvoll vor mir präsentierte: Die liebe gefrostete Elsa zaubert im letzten Akt ihres Filmes eine Eisfläche in den Hof ihres Schlosses, so dass Jedermann darauf Eislaufen kann. *Pling* machte es jetzt auch bei mir. Na klar: was Elsa macht, das muss Wirbelwind eben auch tun. Es ist die große Liebe. 😉

Pleiten, Pech und Pannen

Nun gut, dann soll sie es auch dürfen. Wir werden ja sehen, ob es ihr gefällt, oder ob sie danach endlich Ruhe gibt. Gesagt getan. Für dieses Wochenende hatten wir es uns nun endlich vorgenommen. 15:30 Uhr sollte die Eisbahn öffnen, und so fuhren wir eine viertel Stunde vorher los, um rechtzeitig da zu sein. Wir erwarteten viel Andrang und wollten nicht ewig an dem Kassenhäuschen stehen.

Man muss dazu sagen, dass ich das erste Mal in diesem Eisstadion war. Ich kannte weder den Weg, noch die Örtlichkeiten. So etwas macht mich immer leicht nervös, schließlich bin ich gerne vorbereitet. Nun gut, mein Handynavi lotste mich zumindest zum richtigen Parkplatz. Während ich das Auto abstellte und unsere Sachen zusammen suchte, schoss mir durch den Kopf, dass ich wohl besser noch etwas mehr Geld eingesteckt hätte. 16,53 Euro tummelten sich in meinem Portemonnaie. Aber ich hatte ja auch auch noch die EC-Karte dabei. Das passt schon.

Wir stellten uns an die Schlange an und kamen auch nach vielleicht fünf Minuten Wartezeit dran. Prima, dann kann es ja losgehen. Ich gab unsere Bestellung auf: ein Erwachsener, eine Vierjährige, einmal Schuhe in groß, einmal Schuhe in klein. 14 Euro habe ich mir ausgerechnet. Dann reicht es noch für das Parkticket am Ende. Denkste!

So in etwa hat sich nun der folgende Dialog zugetragen:

„15,50 Euro“ ertönt die liebliche Stimme am Kartenschalter.

Ich stocke. Dann frage ich zögerlich: „Haben Sie jetzt den vollen Preis berechnet? Aber wir bleiben nur zwei Stunden.“

„Das ist egal. Heute ist ein Einheitspreis.“

„Okay…. Kann ich mit Karte zahlen?“

„Nein“

„Grmpf“, brummelte ich leise vor mich hin und reichte ihr mein (fast) letztes Geld. „Wie hoch ist denn die Parkgebühr? Ich habe nämlich nicht mehr wirklich viel Geld dabei.“

„Das kommt darauf an, wie lange sie bleiben.“

„DAS HILFT MIR JETZT NICHT WIRKLICH“, schrie es in mir. Die Verkäuferin erläuterte weiter:

„Maximal zwei Euro. Haben Sie denn ihr Ticket mit?“

„Nein, das liegt im Auto“

„Ich könnte Ihr Ticket gegen ein Ausfahrticket eintauschen, wenn Sie mir die zwei Euro geben.“

„Äh, das nützt mir nichts, ich habe das Geld ja nicht.“ Ist ja egal, ob ich das nicht existierende Kleingeld in den Kassenautomaten oder hier am Schalter nicht abgebe. Grmpf.

Ich bedanke mich und gehe mit Wirbelwind weiter zur Schlittschuhausgabe und dann weiter zur Eislaufbahn. Auf dem Weg dorthin rattert es in meinem Kopf. „Wie komme ich hier jetzt wieder raus?“ Mir fehlt ein Euro, um die ungeliebte Schranke zum Aufmachen zu bewegen. Ob ein Passant Mitleid mit mir hat und mir einen Euro schenkt?

Wir setzten uns auf eine Bank und ziehen unsere Schlittschuhe an. Wirbelwind stellt sich hin, stellt fest, dass es wackelig ist und ruft dann begeistert, dass sie stehen kann. Ich bereite sie vorsichtig darauf vor, dass es auf dem Eis etwas anders aussehen könnte.

Während Wirbelwind in Richtung Eislaufbahn stakst, frage ich eine andere Mutter, ob sie weiß, wieviel das Parken kostet. Sie meinte, sie hätte vor dem Parkplatz geparkt und wüsste es daher nicht. Ich erklärte ihr meine Misere. Sie bedauerte das sehr und verschwand auf die Eislaufbahn. Na vielen Dank für Nichts.

Hm ich könnte noch meinen Mann anrufen, der die Obhut über Wölkchen hatte, und ihn bitten, herzukommen und mich hier herauszuholen. Boah ist das kompliziert. Ein kleiner Hoffnungsschimmer flackerte derweil in mir, dass ich ein bekanntest Gesicht treffen würde.

Der erste Eiskontakt

Nun gut, nun ging ich erst einmal zu Wirbelwind. Sie war heute der Mittelpunkt. Und ich war sehr gespannt, wie sie sich schlagen würde. Ja, ein wenig freute ich mich auch darauf, selber etwas Eislaufen zu dürfen.

Wir betraten das Eis. Wirbelwind verkrallte sich in meine Hand. Ihre Beine rutschten unkontrolliert auseinander, und kurz bevor sie mit dem Po auf dem Boden landete fing ich sie auf. Sie stellte sich wieder hin und ruderte von Neuem los. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen und tibbelte die Bande entlang. Jeder Schritt begleitet von heftigem Gewackel. Ich leistete vollen Körpereinsatz, um sie am Stehen zu halten. Ich versuchte es Händchen haltend von der Seite, Händchen haltend von vorne (ich rückwärts fahrend) und Hüfte haltend von hinten. Sie wackelte und wackelte. In zehn Minuten bewegten wir uns geschätzte fünf Meter vorwärts. Hui der Fahrtwind blies mir um die Ohren. Nicht.

Etwas enttäuscht wurde mir bewusst, dass ich heute wohl nicht zum Schlittschuhfahren kommen würde. Aber vielleicht könnte ich ja zumindest ein paar Meter vorausfahren und dann wieder zu ihr zurückkehren?! Ich ließ Wirbelwind los und erklärte ihr mein Vorhaben. Sie war einverstanden und ich schlitterte etwas vor ihr her. Dann hörte ich ein Rufen und sah, wie Wirbelwind auf dem Boden lag. Noch während ich den Rückweg antrat, rappelte sie sich alleine wieder auf und stand in voller Pracht vor mir. Ich war begeistert und zeigte ihr das auch. „Boah hast du dich gerade alleine wieder hingestellt? Das ist ja super! Weißt Du was? Jetzt versuchst Du es mal ohne mich. Dann bekommst Du ein besseres Gefühl für Dein Gleichgewicht.“

kind_eislaufen_schlittschuheGesagt getan. Sie ruschelte mit ihren Füßen weiter im Schneckentempo vor sich her. Aber nun ohne sich an mir festzuhalten und – Überraschung – deutlich sicherer und viel weniger strauchelnd, als an meiner Hand. Ab und an fiel sie hin, bestand aber darauf, alleine aufzustehen, was sie auch problemlos schaffte. Ihre Schritte wurden sicherer und größer. Dann lehnte sie sich an die Bande und sagte: „Du kannst ruhig eine Runde fahren, ich warte hier auf Dich“. Wann war sie denn nur so groß geworden?! Ich nahm das Angebot dankend an und fuhr eine Runde über das kalte Eis. Der Fahrtwind umspielte mein Haar. Herrlich!

Rettung in Sicht

Als ich wieder bei Wirbelwind eintraf, war sie bereits weitere 10 Meter vorwärts gelaufen. „Die Marie* ist da!“, rief sie mir freudestrahlend zu. Sie zeigte auf Marie und ihre Eltern und ein riesiger Bocken plumpste von mir ab. Mit Marie und ihren Eltern waren wir sehr gut befreundet. Und sie hatten GELD dabei! Ich erklärte ihr meine Misere und erhielt meine rettenden zwei Euro. Ich hätte sie abknutschen können.

Eislauf-Soundtrack

Beschwingt fuhren wir nun die Bahn weiter. Nach etwa 45 Minuten Aufenthalt haben wir schließlich die Eislaufbahn einmal umrundet. Ich lief mit Maries Mutter eine Extra-Runde und atmete tief die kühle Luft ein.

Auf der Eisbahn plätscherte von Beginn an Musik auf die Eisläufer hernieder. Zunächst achtete ich nicht darauf, bis das eine besondere Lied gespielt wurde: Elsas „Let it go“ aus dem Film der Eiskönigin. Ui das passte ja. Die anderen kleinen Knirpse auf dem Eis grinsten freudig vor sich hin. Ich erreichte Wirbelwind, die mich begeistert darauf hinwies, dass Elsa gerade sang.

Gleich im Anschluss brachte der DJ einen weiteren Knüller: den Titel aus dem Soundtrack von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, das ja bekanntlich ebenfalls ein Wintermärchen war bzw. ist. Auch das war Wirbelwind bekannt, schließlich ist es MEIN Lieblingsfilm.

Ich drehte eine weitere Runde mit Marias Mutter. Der DJ schien eine“Best-of-Eislauf-Musik“-Compilation entdeckt zu haben. Denn nun dröhnte Rosenstolz „Ich bin ich“ über das Eis. Was das mit Eislaufen zu tun hat, fragt Ihr Euch? Das wird klar, wenn man etwas vorspult, bis zur Zeile „Hab mein Gleichgewicht verloren. Doch kann trotzdem grade stehen.“ Also ich fand es lustig.

Tempo, Tempo

Wirbelwind wurde immer schneller. Während ich eine Runde mit Marias Mutter zurücklegte, schaffte Wirbelwind ein Drittel der Eislaufbahn. Respekt. Eineinhalb Runden hatte sie insgesamt auf ihrem Konto, als wir beschlossen, bald nach Hause zu Fahren. Eine Stunde waren wir inzwischen auf dem Eis. Wir fingen noch unsere letzte Runde an, als ein Sprecher verkündete, dass das Eis in 10 Minuten für die Eisbearbeitungsmaschine geräumt werden musste. „Schaffen wir es in der Zeit noch eine Runde zu fahren?“, fragte ich Wirbelwind. Natürlich stellte ich die Frage eher mir, als ihr, beantwortete sie aber positiv und wir „düsten“ los. Nach der Hälfte der Strecke wurden wir gebeten das Eis zu räumen. Wirbelwind packte meine Hand und nun schlitterte sie regelrecht über das Eis. Wir schafften es rechtzeitig hinaus. Wirbelwind hatte sich selbst übertroffen. Mein Mama-Herz schwoll vor Stolz.

Auch Wirbelwind war begeistert und erklärte: „Das nächste Mal, wenn der Papa dabei ist, da laufe ich einfach auf das Eis. Dann wird er sagen „Nein, tu das nicht!“ und ich gehe dann einfach drauf und laufe los.“ Ja, auch Wirbelwind war stolz auf sich, und das kann sie auch sein.

Völlig groggy fiel Wirbelwind abends in ihr Bett und bejammerte ihre Wehwehchen, die sie sich bei den Stürzen zugezogen hatte. Ja, das gehört wohl auch dazu. Freud und Leid liegen eben nah beieinander.

Eure Wiebke

 

*Name geändert

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