„Mama, warum bist du so wütend auf mich?“

"Mama, warum bist du so wütend?"

„Mama, warum bist du so wütend auf mich?“

Diese Frage stellte mir Wirbelwind heute morgen. Was war passiert? Und was machte diese Frage mit mir? Eine kurze Geschichte über Selbsterkenntnis und Stolz.

Was geschah

„Mama, warum bist du so wütend auf mich?“ Wirbelwind schaut mich mit großen, traurigen Augen an, ehe sie sich von mir abwendet und sich ins Wohnzimmer verkriecht. Ich gehe, immer noch wütend, ins Badezimmer, lege mir mein Handtuch zurecht und möchte mich gerade bereit machen für eine Dusche. Dann halte ich inne. Wirbelwinds Worte hallen nach und machen mich stutzig. Warum eigentlich? Warum bin ich so wütend?

Wirbelwind hatte sich ein Kleid ausgesucht, das recht schlapperig an ihrem schmalen Körper hing. Ich machte ihr den Vorschlag, darüber noch einen Rock zu ziehen, der gleichzeitig wie ein Gürtel fungierte und das Kleid in der Mitte etwas raffte. Ich fand es mega schick. Wirbelwind wollte es nicht und zog den Rock wieder aus. Und da wurde ich wütend. Ich weiß nicht mehr, was ich gesagt hatte, aber mein Ton war rau und ich wendete mich von meiner Tochter ab.

Nun stehe ich im Bad und frage mich, warum ich so wütend wurde. So ganz genau weiß ich das immer noch nicht. Aber ich weiß, dass ich Wirbelwind unrecht getan habe. Es ist ihre Entscheidung, was sie anziehen möchte. Ich kann zwar Vorschläge machen, aber sie wählt am Ende aus.

Als mich diese Erkenntnis traf, war ich so unglaublich dankbar, dass Wirbelwind mir diese Frage gestellt hatte. Wie toll, dass sie merkte, wie unpassend meine Wut in diesem Moment war und dass sie mich darauf hinwies. Meine Wut war augenblicklich verflogen.

Reumütig ging ich vom Badezimmer ins Wohnzimmer, wo Wirbelwind weinend auf dem Sofa saß. Ich ging zu ihr und bedankte mich bei ihr. Ich bedankte mich dafür, dass sie mir diese Frage gestellt hatte. Und ich entschuldigte mich dafür, dass ich so wütend war. Ich erklärte ihr, dass ich es selber nicht verstand, aber sie vollkommen recht damit hatte, dass meine Wut unangebracht war.

„Du entscheidest über deinen Körper!“

Sie lächelte mich augenblicklich an, umarmte mich und gab mir einen dicken Kuss. „Mama, du bist die liebste Mama der Welt!“, rief sie mir zu und drückte mich noch einmal. Kinder verzeihen so schnell, manchmal zu schnell.

Wer lernt hier von wem?

Was mich an dieser Situation am meisten überrascht, ist die Reife, die Wirbelwind mit ihren fünf Jahren bereits zeigt. Vor ein paar Tagen hatte ich mit ihr ein Gespräch, in der ich sie fragte, ob ich mich zu wenig um sie kümmere und zu viel bei Wölkchen bin (Den Beitrag dazu könnt Ihr hier nachlesen). Es war ein sehr reinigendes Gespräch, in dem sie mir ganz klar sagte, dass sie mich mehr braucht, als das, was ich ihr gerade gebe. Ich versicherte mich zu bessern und bat sie gleichzeitig, mich offen anzusprechen, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlt.

Genau dieses Gespräch hat sie scheinbar mehr beherzigt, als ich es vermutet hätte. Und genau das finde ich so wunderbar. Mein Wirbelwind hat ein Alter erreicht, in dem ich mit ihr solche Gespräche führen kann. Und sie zeigt nun auch die Fähigkeit, über das Verhalten anderer (in diesem Fall über meines) zu reflektieren und zu schlussfolgern, ob es für sie stimmig ist oder nicht. Das ist so wundervoll, dass es mich gerade mit Stolz erfüllt.

Ja, mein Wirbelwind war in dieser Situation vielleicht sogar reifer als ich. Und ich bin gerade erstaunt, wie viel ich dank Ihr von der Welt und ganz besonders über mich selbst lernen kann.

Hattet Ihr mit Euren Kinder auch schon solche Aha-Effekte?

Eure Wiebke

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Mama, warum bist du so wütend auf mich?

3 Comments

  1. Oma Wetterwachs
    Antworten
    17 Januar 2018 at 11:45 am

    „Hattet Ihr mit Euren Kinder auch schon solche Aha-Effekte?“

    Ja, sehr oft sogar. Meine Schlussfolgerung ist seither, dass ich vielmehr von meinen Kindern lernen kann, als sie von mir. Sie sind noch völlig rein und nicht so verkorkst, wie es die meisten Erwachsenen sind. Die Kinder können viel einfacher Verhaltensweisen hinterfragen. Mittlerweile versuche ich bei jeder Meinungsverschiedenheit mich selbst zu fragen: „Warum nicht?“

    • 21 Januar 2018 at 10:46 pm

      Ja genau! „Sie sind noch völlig rein und nicht so verkorkst“, das trifft es wohl ganz gut. LG Wiebke

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