[Bild: Schlafen Fehlanzeige – erst recht nicht im Kinderwagen]
Da steht sie, die Mutter mit ihrem Einkaufswagen im Supermarkt. Ganz entspannt durchforstet sie die Sonderangebote. Das Baby in der Autoschale schläft tief und fest und lässt sich von den Geräuschen der anderen Kunden nicht irritieren. Und da auf der Straße, da fährt eine andere Mutter ihr Baby im Kinderwagen herum. Es ist wach und schaut ruhig und geduldig in die Welt hinaus. Dort drüben schiebt eine Oma den Kinderwagen herum, während sich die Mutter wahrscheinlich zu Hause ein Bad einlässt oder eine Extra-Portion Schlaf nachholt. Und hier auf dem Spielplatz, da sitzt das Maxi-Baby ganz ruhig auf dem Schlitten und schaut dem bunten Treiben der anderen Kinder zu.
Wenn der Neid dominiert
Es könnten so schöne Momente sein. Das sind sie auch, keine Frage. Doch jedes Mal, wenn ich diese ruhigen, unkomplizierten Babys betrachte und sich mein Herz eigentlich mit gönnerhafter Wärme füllen sollte, schuppst ein unangenehmes Etwas diese Gefühle beiseite. Mein Herz verengt sich und Wut steigt in mir auf. Es ist so irrational und dennoch da. Ich möchte mich so gerne für die Mütter freuen, dass es ihren Kindern so gut geht und sie wahrscheinlich eine wunderschöne Babyzeit miteinander verbringen. Und ich möchte mich freuen mit ihnen, dass sie Verwandte in der Nähe haben, die ihnen das Kind, wenn es hart auf hart kommt, auch einmal abnehmen können. Aber der Neid überspielt alles.
Ja ich bin neidisch auf die Mütter mit ihren scheinbar unkomplizierten Babys. Ich bin neidisch darauf, dass sie im Kinderwagen liegen. Ich bin neidisch darauf, dass sie im Kinderwagen schlafen. Ich bin neidisch darauf, dass sie trotz Lärm um sie herum im Kinderwagen schlafen. Ich bin neidisch darauf, dass sie so ruhig das Tagesgeschehen betrachten, ohne gleich auszuflippen, herumzubrüllen oder zu heulen. Und ich bin neidisch darauf, dass die Eltern Unterstützung haben und die Mütter eben nicht 24 Stunden am Tag für ihr Baby da sein müssen. Ja ich bin neidisch. Und wie.
Warum bin ich neidisch auf andere Babys?
Und dann bin ich wütend auf mich selber und meine Gefühle. Ich fasse es nicht, dass ich nicht einfach den anderen Müttern gönne, was sie haben, so ganz ohne Neid und Missgunst. Warum kann ich das nicht so annehmen, wie es ist? Warum beschäftigt es mich so sehr? Was habe ich hier noch nicht verarbeitet und brodelt da in mir?
Natürlich ist mir die Antwort bereits bewusst: Die Babyzeit mit Wölkchen, die mich oft an meine Grenzen brachte, sowohl körperlich als auch mental, steckt mir immer noch in den Knochen. Und da kann ich mir noch so viel einreden, dass ein High-Need-Kind eigentlich etwas Wunderbares sein kann (was ich auch wirklich glaube!). Aber die Überlastung, die Anstrengung und – das ist es wohl auch – die fehlende Anerkennung für das, was ich und mein Mann in den ersten Monaten mit Wölkchen geleistet haben, das kocht in solchen Momenten hoch. Denn je mehr friedlich schlummernde Babys ich betrachte, desto stärker wird mir der Unterschied zu meinem Kind bewusst. Und je häufiger ich Mütter anschaue, die diese Kinder für selbstverständlich hinnehmen, desto missverstandener fühle ich mich.
Wo ist meine Anerkennung?
Ja ich tue mir selber Leid. Und für dieses Leid suche ich wohl auch jetzt noch, ein Jahr nachdem die schlimmsten Tage überstanden sind, nach einem Trostspender, einem Pflaster, das mir auf meine unsichtbare Wunde geklebt wird. Doch niemand läuft mit einem Verbandskasten für mich durch die Gegend. Niemand sieht mich verdattert neben den Kinderwägen der anderen Mütter stehen, schaut mich an und ruft „Ohhhh, Du hattest das wohl nicht? Komm, lass Dich mal drücken!“. Wie sollten sie es auch sehen, auch wenn ich denke, dass es mir manchmal ins Gesicht gemeißelt ist. Wenn man ganz genau hinsieht, oder in Alltagsgesprächen etwas zwischen den Zeilen liest, dann erkennt man vielleicht meinen kleinen Hilfeschrei. Ein Schrei meiner Seele nach Zuwendung und Anerkennung für meine geleistete Arbeit, für meine Aufopferung und bedingungslose Selbstaufgabe. Wo ist meine Parade und mein Konfettiregen?
Nicht da.
Und er wird wohl auch nie kommen. Warum nicht? Weil es niemanden interessiert. Junge Mütter und Väter haben andere Sorgen, als einer anderen Mutter über den Kopf zu tätscheln und sie für ihre getane Arbeit zu loben. Sie stecken doch selber mittendrin. Und Nicht-Eltern wissen erst gar nicht, wovon ich rede. Ich hätte es selber vor der Geburt meiner Kinder doch nicht verstanden. Doch nun weiß ich es. Und ich weiß, ich würde ein offenes Ohr haben für Mütter, denen es ähnlich geht wie mir. Doch auch sie werden wohl nur schweigend neben einem fremden Kinderwagen stehen und ihre Gefühle sortieren. Ganz für sich.
Und so bleibt mir wohl nur die eigene Aufarbeitung des Themas, in Gefühlen, in Gedanken und in Worten, beispielsweise hier auf meinem Blog, meinem ganz persönlichem Seelenklempner.
Kennt Ihr auch diese Gefühle? Wie geht Ihr damit um?
Eure Wiebke
Übrigens ganz aktuell hat 2Kindchaos einen ganz passenden Beitrag veröffentlicht, in dem begründet wird, warum manche Babys einfach schlechter schlafen.
Nina
Ja, das Gefühl kenne ich nur allzu gut…ging mir in der Babyphase auch so! Setzt sich in der Trotz-/Autonomiephase leider fort…wenn ich Situationen schildere, wo sich mein Wutzwerg wieder mal am Boden gewälzt hat und dann höre „das hat xy auch ein- oder zweimal gemacht“ und ich mir denke „ja bei uns, ein- bis zweimal PRO TAG“ frisst mich der blanke Neid…Da denke ich mir an schlechten Tagen schon, wie unfair die Welt nicht ist…zuerst der Schlafzirkus und jetzt das… aber dann denke ich mir: würde mir mein Zwerg nicht alle diese Reifen zum Durchspringen geben (und ich werde durch alle springen ;-)), hätte ich nicht die Gelegenheit daran zu wachsen! Dort wo alles glatt läuft, greift man meist nicht auf sein Entwicklungspotential zurück – und das hilft mir dann!!
verflixteralltag
Das ist ein sehr schöner Gedanke, und eine schöne Methapher <3
Judith
Ich kenne das Gefühl….Lebhaft. Und gleichzeitig tut es so gut, darüber zu lesen, dass es mir nicht alleine so ging. Ich finde, man darf diese Gedanken raus lassen.
Nach einer sehr komplizierten Schwangerschaft und einer schrecklichen Geburt habe ich mich so sehr auf unsere gemeinsame Babyzeit gefreut. Ich war ehrlicherweise oft so traurig, dass vieles so ein „Kampf“ und immer nur mit Weinen und Schreien verbunden war. Egal, ob Rückbildung mit Kinderwagen, Pekip-Kurs, Treffen im Park, Autofahren oder Besuche- mein Kind hat immer geschrien. Ich war so frustriert. Wollte so gerne so viel erleben und machen. Im Endeffekt war ich alleine mit dem Gedanken, dass es wieder losgeht mit dem schlimmen Weinen total überfordert. Und wie ich sie gehasst habe, diese mitleidigen Blicke. Ich wollte nicht getröstet werden. Das hat es nur schlimmer gemacht.
Abhilfe hat mir nur die Babytrage geschaffen, in der ich die Kleine stunden-, tage– monatelang rum getragen habe. Auch war Wasser etwas, dass sie geliebt hat und liebt. Beim Schwimmen und Baden war sie in ihrem Element und konnte runter kommen.
Heute ist meine Tochter ein Jahr und sie ist definitiv immer noch sensibler als andere. Sie braucht stets ihre Mama um sich, mag ungern zu anderen. Sie ist aber eben auch neugierig, aufmerksam, schlau, wahnsinnig lieb und verschmust. Ein Plappermäulchen und Wildfang. Ich bin stolz und freue mich auf jeden neuen Tag. Sie kommt immer noch schneller an ihre Grenzen – aber ich weiß damit umzugehen. Und wie es nun mal bei „high Need“-Babys so ist- das Schlafen ist ein Thema für sich. Aber wenn sich ein zufriedenes und im Schlaf lächeldens Mädchen in meinen Arm kuschelt, dann bleibt die Welt kurz stehen und alles ist ok…..:)
Kathrin
Oh und wie ich das kenne und das schlechte Gewissen das man hat. Wie ich damit umgehe? Mh…. tja irgendwie ja garnicht. Der Zwerg ist 5 Jahre und echt ein tolles Kind und ich bin immer noch genervt, wenn ich von durchschlafenden Säuglingen höre, in Ihren eigenen Betten. Von Kindern die ohne Probleme und gerne in die Kita gingen und gehen. Auf der anderen Seite freue ich mich, dass ich ein so fröhliches, aufgewecktes, neugieriges, anhängliches und Dauer kuschelwütiges Kind habe, welches mich aber anscheinend noch sehr oft braucht. Auf der anderen Seite ist das Gras halt immer viel grüner ?
Lg
Kathrin ( mit dem tollsten 5 jährigender Welt , der meint nicht heiraten zu wollen und wenn er erwachen ist, in der Mitte schläft, weil er dann nicht mehr ins ikea junior beistellbett passt ?– direkt an die Seite angebaut versteht sich!!!)
verflixteralltag
<3
Das schwarze Mutterschaf
Komm lass dich drücken. Von einer Mutter, die ein recht unkompliziertes Kind hat. Ich weiß, dass das einfach Glück ist und ich bin dankbar dafür. Und immer wenn ich anfange auf hohem Niveau zu jammern, dann rufe ich mir Mütter in den Kopf, die es nicht so einfach haben. Das erdet mich, wenn ich mal vergesse, dass es ganz anders ablaufen kann. Ich bewundere eure Kraft, die ihr in einem ganz anderen Ausmaß wie ich mobilisieren müsst. Fühlt euch gedrückt, so oder so stehen wir auf der selben Seite!
verflixteralltag
Das ist lieb! :-*
Ann-Kathrin
Oh ja, diese Gefühle und Gedanken kenne ich tatsächlich auch. In den ersten 3 Monaten hat unsere Tochter im Kinderwagen geschlafen (und ansonsten tagsüber gar nicht) und dann funktionierte es plötzlich nicht mehr. Kein Kinderwagen, keine Babyschale, keine Babytrage, kein Einkaufswagen,…sie hat überall nur geschrien. Auch jetzt, 2 Jahre später, hat sich nichts daran geändert. Wenn ich höre, dass andere Kinder sich schlafen vom Auto ins Bett tragen lassen, beim Einkaufen zufrieden im Einkaufswagen sitzen oder sogar gerne Autofahren, dann schaffe ich es nicht immer, mich für die anderen Mütter zu freuen. Aber es wird schon einen Grund geben, warum unsere Tochter so ist wie sie ist. Und auch wenn es an vielen Tagen sehr schwierig ist, so ist sie sich perfekt so wie sie ist.
verflixteralltag
Ja das ist wohl wichtig sich immer in Erinnerung zu rufen. Das Temperament, das uns immer wieder an unsere Grenzen bringt ist eben genau das, was unsere Kinder so einzigartig macht!
LG Wiebke
Ka
Ich konnte den Beitrag erst nicht zu Ende lesen, weil mein zweites Kind nach zehn Minuten im Bett wieder aufwachte …
Also, was ich schreiben wollte: Einmal, ein einziges Mal, saß ich im Café und mein erstes Kind schlief im Kinderwagen. Im selben Café saß eine Frau, deren Baby brüllte. Ich hätte ihr sagen können – vielleicht hätte ich es wirklich tun sollen – , daß es sonst immer, wirklich immer, umgekehrt ist: Alle Babys schlafen, meins brüllt. Was ich damit sagen will: Manchmal trügt der Schein.
Ich weiß nicht, was der Sinn an dieser Aufgabe ist. Naja, bei Nummer 1 wurden wir immerhin nach anderthalb Jahren mit dem friedlichsten Kind der Welt belohnt.
verflixteralltag
Das stimmt, manchmal trügt der Schein. Hinter einer so perfekt scheinenden Fassade, können sich so manche verborgene Dramen abspielen. Nur das ändert nichts daran, dass in mir diese Gefühle aufsteigen. Aber vielleicht werden sie zukünftig schwächer, wenn ich mir genau das immer wieder aufsage!
Es freut mich, dass Dein zweites Kind so ein friedliches ist (ganz ohne Neid) 😉
LG Wiebke
Ka
Ich kenne dieses Gefühl ja auch sehr gut und empfinde total mit, was Du da schreibst. Und die Eltern, die von ihren superpflegeleichten Kindern erzählen, gibt es ja leider trotzdem, da kann man es sich auch nicht schönreden. Aber ich versuche so, damit klarzukommen, und stelle mir vor, dass es immer noch Eltern gibt, die es noch schwerer haben.
Und dann habe ich mich nochmal schlecht ausgedrückt: Aus meinem ersten Kind, einem „Schreibaby“, wurde nach anderthalb Jahren ein ziemlich friedliches Kind. Nummer 2 schreit zwar nicht soviel, ist aber fast nie zufrieden und schläft auch nicht. Dabei hatten mir alle versprochen, beim zweiten wird alles ganz einfach! 😉
Papa
Manchmal trügt der Schein: Vllt. hat die Mama, deren Kind im Supermarkt schläft, oder auch die, deren Kind gerade von der Oma spazieren gefahren wird, die ganze Nacht kein Auge zu gemacht! Vllt. hat das Kind die „ganze“ Nacht geweint und holt jetzt den Schlaf nach. Wie würde dich diese Mutter beneiden wenn sie wüsste, dass du die ganze Nacht seelenruhig geschlafen hast…
Wenn du mal wieder neidisch bist, stell dir das einfach Mal vor und du wirst diese Mutter bedauern statt beneiden 😉
zweifachmama
Mein großer ist jetzt 3 1/2 Jahre alt und auch ich hatte dieses neidische Gefühl. Vorallem aber, so wie du schreibst, hat mir die Anerkennung für diese unglaubliche Leistung gefehlt die ich erbracht habe.
Das so zu schreiben fällt mir schon schwer man soll sich ja nicht selbst Loben. Wenn ich mal darüber gesprochen habe wie schwer es mit dem schlafen und schreien ist, wurde ich entweder belehrt oder es es wurde runter gespielt.
Einzig meine Eltern (wohnen leider weiter Weg) haben mir mal gesagt, das ich das ganz Toll mache, sie das bewunderswert finden und es weit über die „normale Belastung“ hinaus geht. Das hat mir sehr geholfen!
Ich habe lange gebraucht um zu verstehen das es nicht so ist weil ich etwas falsch gemacht oder nicht genug getan habe, sondern ich habe es hinbekommen obwohl es so schwer war. Ich muss mich nicht schämen, ich kann Stolz auf mich sein!
Mein jüngerer Sohn ist übrigens so ein zufriedenes einfaches Baby. Deshalb habe ich jetzt die Möglichkeit zu bemerken, wenn es anderen Müttern so geht wie mir mit meinem Großen. Ich spreche sie dann an, weil mir damals jemand gefehlt hat der mich wirklich verstehen konnte.
Ps. Und nein mein jüngster ist nicht so ruhig, weil ich jetzt ruhiger bin!
JoshsMom
Hach ja…auch ich finde mich wieder. Ein High-Need-Kind kostet Kraft, sehr viel Kraft. Auch heute mit 2 Jahren reagiert unser Mini-Mann in vielen Situationen anders als andere Kinder. Vom Durchschlafen und dann noch im eigenen Bett kann ich nur träumen- und das passiert ganz schnell, da ich oft soooo müde bin?
Ich hab auch oft gedacht und denke noch heute: ‚Warum kann es bei uns nicht auch mal ganz einfach sein?‘
Und dann verblüfft mich unser Mini mit seiner wahnsinnigen Intelligenz, seinem Humor, seinem Lachen, seiner Empathie und ich weiß, dass es genau richtig ist, so wie es ist.
Silke
Ich kenne das auch nur zu gut. Und es hilft auch kein bisschen, wenn die friedlich den Kinderwagen schiebende Mutter neben einem dann sagt:“Wenn ich ein Kind wie du hätte, würde ich mich erschießen!“
Wirklich passiert.
Ulli
Ich kann das sooo gut nachvollziehen!!! Ich bin nicht sicher, ob meine Kinder wirklich richtige „High Need“ Kinder sind, aber sie brauchen jedenfalls mehr Nähe als viele andere. Wir haben lange gestillt bzw. die Kleine stille ich ja noch, sie schlafen nicht alleine ein, der Große wacht von jedem leisen Geräusch auf (das ist bei der Kleinen etwas besser), und ja, viel Nähe, immer. Ich habe mich bewußt fürs Stillen entschieden, und dafür, meine Kinder nicht schreien zu lassen, sondern beim Einschlafen zu begleiten. Trotzdem beneide ich manchmal Mamas, die einfach Fläschchen geben und gut ist, oder auch mal länger weg können, weil jemand anderer das Fläschchen geben kann. Oder jene, deren Kinder „einfach so“ einschlafen.
Dann denk ich mir aber immer: ich seh nicht alles, ich seh nur einen Moment. Nie den ganzen Alltag. Wer weiß, vielleicht passt woanders etwas anderes nicht. Und wer weiß, wofür unsere Anstrengungen jetzt gut sind – ich meine wirklich langfristig, Pubertät, wenn die Kinder erwachsen sind… ich hoffe sehr darauf, dass unsere Bemühungen sich dann auszahlen!! Alles Liebe, Ulli (Und guter Artikel, wie immer, vielen Dank dafür!! Und: du machst das toll, ganz ganz toll!! Was ich so aus den Artikeln rauslese – klopf dir selbst auf die Schulter, wenn das schon niemand anderer macht, ich bin mir sicher, deine Mädels werden es dir irgendwann danken!!)
Mama
Wie wahr – ich fühle mich verstanden – danke :-).
Im Haus wohnen weitere Kinder, fast ähnliches Alter (um die 20 Monate) und wenn man sich trifft und nachfragt, ist immer „alles gut“ bei den Kindern und die Eltern wirken nie gestresst. Ich kann gar nicht beschreiben, was in mir vorgeht, wenn ich aus den Nachbarwohnungen ein Kinderlachen, ein freudiges „Hui“ oder „Juchhu“ höre, während mein Kind sich brüllend gegen den, wie man ihm anmerkt, erforderlichen Mittagsschlaf wehrt. Da schießen mir die Tränen in die Augen, ich werde wütend (ja, auch auf den Kleinen) und wünsche mir, dass er einfach nur etwas einfacher wäre, was das Schlafen angeht. Ich lege mich mittags meist mit ihm zum Schlafen hin, da er dann länger schläft und ausgeschlafen aus dem Mittagsschlaf aufwacht. Zudem habe ich die Auszeit nach ständiger Bespaßungspräsenz dringend nötig, denn ich bin erschöpft. Dann stehen wir nach, manchmal 1 Stunde, vergeblichem Schlafversuch auf. Nein, er beschäftigt sich dann nicht mit sich alleine – er möchte noch mehr Mama. Neid steigt in mir auf. Aus den Nachbarwohnungen hört man quietschfidele Kinder, die munter aus dem Mittagsschlaf aufgewacht sind.
Dann schaue ich mir meinen verkuschelten Sohn an, nehme ihn in den Arm, sage ihm, dass er etwas ganz besonderes für mich ist und ich ihn lieb habe. Er freut sich, drückt mich und gibt mir einen Kuss. Plötzlich hab ich das glücklichste Kind der Welt. Aus Nachbarwohnungen höre ich Kindergemecker und laute, ermahnende Erwachsenenstimmen. Das Kind weint lange und bitterlich. Ich denke mir: „Das arme Kind und die armen Eltern“. Andererseits denke ich mir: „Zum Glück! Auch deren Kind ist mal unzufrieden!“ und ich überlege, ob ich mit einem überlautstarkem Kinderlachen, „Hui“ und „Juchhu“ kontern soll, lass es aber sein, denn das ist nicht meine Art – das bin nicht ich. Beim nächsten Zusammentreffen und Austausch mit den Nachbarn, ist wie immer „Alles gut“. Ich schließe die Tür und denke, ob die wissen, dass man mitbekommt, dass nicht immer alles gut ist?
Wie ich damit umgehe? Ich lasse den Neid zu, vergesse dabei aber nicht, dass vieles nur Momentaufnahmen sind, die man mitbekommt und wünsche mir, dass auch andere das so sehen. Dass es nur eine Momentaufnahme ist und der Moment für uns gerade nicht gut ist, wenn mein Sohn übermüdet quengelig aber nicht gewillt ist, einzuschlafen, im Kinderwagen durch die Stadt geschoben wird. Ich wünsche mir, dass andere Mütter und Väter nicht urteilen und denken, was ich doch für einen schlimmen Sohn habe. Er ist ein anständiger, neugieriger, schlauer und liebenswerter Kerl, der mit 20 Monaten schon weiß, was er möchte (und was nicht) und das lautstark kundtut.
Nina
Als du das geschrieben hast, war ich noch nicht einmal schwanger… 🙂
Auch wenn es lang her ist, möchte ich dir Danke sagen. Weil es mir hilft das zu lesen…weil einfach niemand nachvollziehen kann, was in uns (meinem Mann und mir) vorgeht…weil es bei mir so ist, dass sogar einige Verständnis aufbringen…und dann fröhlich mit ihrem Kind einkaufen, in den Biergarten oder sonstwohin gehen…wo auch immer, mit dem Auto, dem Kinderwagen oder der Trage…
Ja und wir? Wir haben einen Einjährigen, der nicht gerne Auto fährt (alleine bin ich noch keine fünfmal mit ihm gefahren), der nicht in den Kinderwagen sitzen möchte und Gott bewahre man schaut die Trage auch nur an.
Es gibt Tage, an denen frage ich mich, ob das jetzt mein Leben sein soll. Und ja, dann gibt es Tage an denen läufts ganz gut, aber das sind wenige.
Ich liebe mein Kind, ich bin so stolz auf seine Fähigkeiten und staune, wie schnell er sich entwickelt. Ich weiß, wie schwer Elternschaft sein kann, ich seh es jeden Tag in meinem Beruf. Eine Bekannte hat es mal so schön gesagt: „Ich freu mich für die andern, aber ein bissl unfair ist es schon!“ 🙂