Mein holpriger Weg zur Blogfamilia

Mein holpriger Weg zur Blogfamilia

Es ist Freitag nachmittag um 16.20 Uhr. Ich stehe am Bahnhof und warte auf meine Mitfahrgelegenheit. Ruhig wollte ich es diesmal haben. Den Stress, selber Auto zu fahren, umgehen. Vielleicht im Auto mal ein oder zwei Äuglein zu machen und entspannen, damit ich am nächsten Tag fit zur Blogfamilia bin.

begrünt

Ein Auto parkt vor mir. Eine fünfzigjährige, flotte Berlinerin öffnet mir den Kofferraum. Viel Platz ist nicht, weil sie bei einem Discounter eine riesige Säge kaufen musste, die sie in Berlin nicht mehr bekommen hatte. Sie stopft Zimmerpflanzen, Rucksäcke, mysteriöse Dosen und andere, undefinierbare Dinge hinein. Und tatsächlich, sie bekommt den Kofferraum zu. Die drei Mitreisenden haben sich versammelt. Ich nehme bewusst hinten Platz, damit ich auch ein wenig schlafen kann. So mein Plan. Nach den ersten Metern klärt mich die Fahrerin auf, dass die Pflanzen hinter mir etwas stinken. „Die sind gegen Marder und Katzen!“. Und wahrscheinlich auch gegen noch ganz andere Lebewesen. Mich zum Beispiel.

verirrt

Noch bevor wir die Autobahn erreichen, staut es sich. Wir starren ungläubig auf unsere Handys, wo uns eine App eindeutig versichert, dass auf unserer Route über Dresden eine ganze Stunde Stau herrscht. Uns wird eine Umfahrung über Leipzig vorgeschlagen, die leider nicht wirklich kürzer ist. Aber immerhin fahren wir. Ich lotse die Fahrerin, schließlich ist es die Strecke, die ich zweimal in der Woche fahre. Schlafen Fehlanzeige. Wir haben Leipzig passiert und müssen nun auf die A9 wechseln. Unsere Fahrerin verpasst die Autobahnabfahrt. Es ist der Zeitpunkt, an dem sie das Gaspedal findet und deutlich schneller fährt, als es mir zum Schlafen lieb wäre.

abgelenkt

Unsere Fahrerin ist fröhlich und redselig. Sie plaudert und fragt und hört zu. Sie wirkt nett, aber auch etwas… nun ja, abgelenkt. Immer wieder guckt sie auf ihr Handy, als ob ihr Kind jeden Moment ein Baby erwartet. Zwischendurch greift sie genüsslich zum Kuchen und zur Lakritze. Schließlich nutzt sie die Fahrtzeit, um ihre Hände mit einer Handcreme zu pflegen. Dinge, die man eben als Fahrerin eines voll besetzten Autos macht. Habe ich schon erwähnt, dass ich schlafen wollte?

hungrig

Wiederholt stößt das Auto einen hohen Signalton aus. Die Anzeige leuchtet auf: „Motoröl nachfüllen“. Eine halbe Stunde lang wird diese ignoriert. Dann halten wir an einem Rastplatz und die Fahrerin kippt einen kleinen Kanister Öl nach. Sie scheint das Problem öfter zu haben. Ein durstiger Gesell. Ich muss an die Olchis denken, die für ihr Leben gerne Fahrradöl verputzen. Das Auto, ein alter Mercedes Benz, ist quasi der Olchi unter den Autos. Dazu passen auch die zwei großen Risse in der Frontscheibe, die mich hoffen lassen, dass die Strecke doch nicht zu holprig wird oder die 180 km/h noch gut genug abgefedert werden können. Es soll tatsächlich halten.

ungeduldig

In Berlin angekommen blüht unsere Fahrerin schließlich vollends auf. Sie kurvt durch die Straßen, als hätte sie ein Martinshorn auf ihrem Auto kleben. Dass die Ampel vorne rot ist, hält sie nicht davon ab, dennoch noch einmal Gas zu geben, um dann besonders enthusiastisch das Bremspedal zu drücken. Spurenwechsel im 10-Sekunden-Takt mit eingeschlossen. Schneller sind wir mit dieser Fahrweise nicht. Aber wir kommen tatsächlich an, irgendwie. Und wie als Entschuldigung für die lange Fahrt, bringt sie mich sogar noch bis zum Wunschziel.

***

Sympathisch war sie. Aber geschlafen habe ich nicht. Aus diversen Gründen. Und mein Herz, das fragt sich, ob es mit dem eigenen Auto vielleicht weniger Herzkasper bekommen hätte. Aber ich bin da, in Berlin. Das zählt.

Eure Wiebke

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