Immer wieder keimen (nicht nur) unter den Elternbloggern Diskussionen auf, wie man denn mit Kinder umgehen sollte, welche Ratgeber man hierzu am Besten zu Gemüte führt und überhaupt, wem der zahlreichen „Experten“ man denn nun trauen kann. Und immer wieder taucht eine Person auf, die über allen zu stehen scheint: „Jesper Juul“. Das hatte mich neugierig gemacht und ich hatte mir vergangenes Jahr sein Buch „Dein kompetentes Kind“* gekauft und gelesen. Das macht mich nicht gleich zur Expertin, aber ich möchte Euch hier in diesem Beitrag einmal die Kernpunkte wiedergeben, die ich für mich besonders bedeutsam fand. Vom Laien für Laien, quasi. Dazwischen gibt es einen kleinen Einblick in unsere „Erziehung“ und was Juul wohl dazu sagen würde.
Zum Grundverständnis
Kinder sind kompetent und wollen kooperieren
- Kinder, die kritisiert werden, werden kritisch oder selbstkritisch
- Kinder, die mit Gewalt aufwachsen, werden gewalttätig oder selbstdestruktiv
- Kinder, deren Eltern sich niemals persönlich ausdrücken, werden schweigsam oder redselig
- …
Das heißt bei destruktivem Verhalten der Eltern kooperieren Kinder entweder, indem sie das Verhalten der Eltern imitieren, oder indem sie das genaue Gegenteil tun. In jedem Fall wird die Integrität des Kindes angegriffen.
Die Integrität
Zur physischen Integrität zählt auch das Recht der Kinder, nur dann Nahrung aufnehmen zu müssen, wenn sie auch tatsächlich das Bedürfnis danach haben (vgl. S. 79). Zwingt man sie beispielsweise, den Teller aufzuessen, verletzt man ihre Integrität.
Konflikt von Integrität und Kooperation
- Psychosomatische Symptome, wie Über- und Untergewicht, Muskel- und Kopfschmerzen, Bauchschmerzen als verschlüsselte Botschaften der Kinder an die Eltern und
- (selbst-)destruktives Verhalten.
Wenn Kinder sich destruktiv oder asozial verhalten, geschieht dies nicht ohne Grund. In der Regel haben Erwachsene in ihrem Umfeld sich ebenfalls so verhalten und damit ihre Integrität gekränkt. Dadurch verlieren sie an Selbstgefühl (vgl. S. 83, 89). Selbstzerstörerisches Verhalten wie Alkohol- und Drogenmissbrauch bis hin zu Selbstmordversuchen können die Folge sein.
Was uns Erwachsene hemmt
Ähnlich ist es auch, wenn mich Wirbelwind zum drölfzigsten Mal fragt, ob sie Tablet schauen kann und ich im Zuge meiner Genervtheit meine Macht ausspiele und ihr für die Woche Tablet-Verbot ausspreche. Dann habe ich zwar meine Ruhe, aber der Lerneffekt ist minimal.
Verflixtes Alltagsbeispiel: Ja, auch das gelingt uns gut. In einem extra-Beitrag hatte ich darüber bereits geschrieben. Da habe ich Wirbelwind die Schuld daran gegeben, dass Wölkchen nicht wieder in den Schlaf fand. Böse Mama.
Dies ist unerlässlich für unsere Kinder
Selbstgefühl und Selbstvertrauen aufbauen
Verflixtes Alltagsbeispiel: Der Papa ist so ein Kandidat, der aus Übervorsicht Wirbelwind ständig ein „Achtung, Du fällst“ oder „Pass auf!“ hinterherruft. Dass Wirbelwind heute stellenweise ein ängstliches Kind ist, ist eventuell auch darauf zurückzuführen.
Dafür musste ich erst lernen, bei jedem „Mama, schau mal“ nicht sofort man „schön“ oder „toll“ zu antworten, sondern einfach zu hinzusehen und zu lächeln. Und wenn Wirbelwind tatsächlich etwas ganz Fantastisches macht, dann lobe ich sie weiterhin. Als sie beispielsweise das erste Mal Fahrrad gefahren ist, oder die Kletterstange erklommen hatte, blubberte es nur so aus meinem Mund heraus.
Gleichwürdigkeit herstellen
Mittels eines Dialogs ist es möglich, Wünsche und Bedürfnisse von Eltern UND Kindern ernst zu nehmen und so eine gleichwürdige Beziehung aufzubauen.
Verflixtes Alltagsbeispiel: Es gibt Situationen, da kann ich nicht auf die Bedürfnisse von Wirbelwind eingehen. Dann steht sie da und schmollt. Wenn ich selbst trotzig reagiere und mich darüber aufrege, dass sie sich darüber aufregt, dann erreichen wir maximal, dass wir beide schlechte Laune haben. Wenn ich einen guten Tag habe, dann beuge ich mich zu ihr herunter, schaue ihr von Angesicht und Angesicht und erkläre Ihr, warum ich jetzt dies und das machen muss und eben nicht auf ihre Bedürfnisse (zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt) eingehen kann. In der Regel versteht sie das und fühlt sich gleichzeitig ernst genommen.
Damit möchte ich meine Ausführungen schließen. Ein paar Kapitel habe ich heute außen vor gelassen, nämlich das von Tenagerfamilien und der Elternsichtweise. Wen das interessiert, der sollte dann wohl doch einmal zum Buche greifen. 😉
In dem Sinne wünsche ich Euch ein fröhliches Erziehen … äh Beziehung aufbauen mit Euren Kindern!
Eure Wiebke