Die Zeit mit den Kindern einfrieren

Mit Kindern die Zeit einfrieren

Wir sitzen allesamt im Auto. Der Mann fährt. Ich lasse meinen Blick im Fahrerraum schweifen. Ich schaue auf einen quirligen, aber gut gelaunten Wirbelwind. Sie freut sich auf Oma und Opa und darauf, dass sie gleich ihre Cousine wiedersehen wird. Sie hat ihr extra etwas gebastelt, das sie ihr schenken möchte. Mein Blick wandert zu Wölkchen. Auch sie ist guter Dinge und quasselt in einer Tour. Es sprudelt nur so aus ihr heraus. Sie ist in einem Alter, in dem ich fast minütlich über sie schmunzeln oder lachen muss. Alles ist irgendwie süß und knuffig an ihr.

Und da war er, der Moment, in dem ich dachte, dass ich dieses Alter gerne einfrieren würde. Verrückt, dass mir so ein Gedanke überhaupt kommt. Zu oft habe ich mir gewünscht, dass die Kinder doch bitte älter und selbstständiger werden mögen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich an diesem Morgen um 9:15 Uhr erwachte. Ja, das ist sicherlich Rekord, seitdem ich Kinder habe. Vielleicht stimmte mich das so gutmütig?

Was es auch war: ich dachte in diesem Moment daran, dass die Kinder irgendwann einfach nicht mehr so niedlich sind, so naiv und kindlich. Irgendwann sind sie mürrische Teenager oder sogar ganz aus dem Haus. Wen soll ich dann anlächeln und über das Köpfchen streicheln?

Wirbelwinds Alter (7 Jahre) einfrieren…

Nehmen wir unseren Wirbelwind. Sie ist in einem Alter, in dem sie bereits so selbstständig ist. Sie denkt mit, möchte helfen, bringt sich in die Familie ein. Sie deckt uns als Überraschung am Wochenende den Tisch. Einfach so, weil sie weiß, dass uns das freut. Sie macht mir Tee, wenn ich krank bin. Und erstellt Liebesbriefe mit ihrer neu errungenen Fähigkeit zu Schreiben. Sie ist einfach ein wunderbares Kind, das aufmerksam und fröhlich durchs Leben wirbelt. Ein Sonnenschein durch und durch.

Neben all den „erwachsenen“ Fähigkeiten, die sie bereits an den Tag legt, hat sie dennoch ihre Fantasie und ihren kindlichen Zauber noch nicht verloren. Auch wenn sie beispielsweise immer wieder behauptet, dass die Weihnachtsgeschenke die Eltern bringen, lauscht sie doch ehrfürchtig den Geschichten über Weihnachtsmann, Elfen und Co. Sie spielt mit Einhörnern (nun gut, inzwischen lieber mit Pferden ohne Horn auf dem Kopf) und steckt alle anderen Kinder mit ihrer Spielfreude und ihrem Enthusiasmus an. Allen voran ihre kleine Schwester Wölkchen.

Wölkchens Alter (4 Jahre) einfrieren

Wölkchen ist ein so herzliches Wesen. Sie liebt es uns zu knuddeln, zu frisieren und den Rücken zu kraulen. Vor allem Dingen deshalb, weil sie weiß, dass wir das gerne haben. Sie ist sehr empathisch und zeigt es in allen Lebenslagen. Ihre emotionale Art macht es uns nicht immer leicht, ist aber gleichzeitig so ein enormes Geschenk für uns alle. Diese Nähe und Herzlichkeit wird sie sich hoffentlich auch weiterhin bewahren.

Immer wieder überrascht uns Wölkchen mit neuen Dingen, die sie gelernt hat. Es ist ein Alter, in dem man quasi zusehen kann, wie sie reift und reift. Als ich letztens so erkältet war und ihr kein Gute-Nacht-Lied vorsingen konnte, hatte sie einfach selber eines „gedichtet“. Es ging so geschätzte 5 Minuten. Völlig unbefangen trällerte sie einfach darauf los und es war wundervoll. Diese Energie, die sie für Dinge an den Tag legt, die ihr wichtig sind.

Bei Wölkchen gibt es so viel zu entdecken. Es ist spannend zu sehen, wie sie sich entfaltet, Interessen und Talente sich offenbaren, die man als Eltern nun versucht hinauszukitzeln. Das Tanzen beispielsweise fasziniert Wölkchen sehr. Sie besucht eine Tanzschule und zeigt uns zu Hause gerne ihre neu erworbenen Tanzschritte.

Der Countdown läuft

Wahrscheinlich ist es egal, welches Alter die Kinder haben, denn in jedem Alter gibt es etwas zu entdecken, zu staunen, zu bewundern, zu schmunzeln oder zu herzen. Aber mit jedem Alter, das die Kinder größer werden, sinkt auch die Zeit, die sie mit uns verbringen. Es ist ein Countdown, den man anfangs vielleicht sogar herbeisehnt, weil alles einfach zu viel und zu anstrengend wird. Aber eben auch ein Countdown, der irgendwann so unerbittlich laut und kraftvoll die Zeit hinabzählt, dass man beinahe die schönen Momente überhört.

Mein Countdown hat sich bei mir gemeldet und ich habe beschlossen das tickende Ding ganz hinten in die Ecke zu stellen, damit ich meine Kinder hören kann. Ihr Lachen. Ihr Weinen. Ihre Worte. Ihre Schritte.

Nein, ich möchte die Zeit nicht einfrieren. Denn dann verpasse ich ja die wundervollen Entwicklungen, die meine Kinder machen. Und meine Neugierde auf die Zukunft meiner Kinder ist einfach zu groß, um nur im Hier und Jetzt zu leben. Aber ein wenig, ein wenig möchte ich sie noch festhalten. Die Kinder und die Momente mit ihnen.

Eure Wiebke

2 Comments

  1. 30 November 2019 at 5:29 pm

    Hallo,
    danke für diesen Artikel. Du sprichst mir wirklich aus der Seele. Genau so denke ich auch ganz oft. Meine Kleinen sind zwar 9 und 6 aber doch geht es mir ganz ähnlich. Ist einfach ein schönes Alter.

    Grüße
    Dennisa

  2. 4 Dezember 2019 at 12:35 pm

    Ich kann dir echt total nachempfinden. Ich bin auch immer wieder in diesem Zwiespalt: Den Moment genießen und sich über das freuen, was wir gerade zusammen erleben und über das, was unsere Kinder schon alles können und wie sie z.B. bereits (meistens) gerne mithelfen. Vor ein paar Tagen hatte ich einen wunderbaren Moment: Mein Sohn (bald 4) wischt nach dem Frühstück den Tisch ab, während meine Tochter (2 1/2) mit mir die Spülmaschine („Spülmamaschine“) ausräumt. Mein Sohn beeilt sich mit dem Abwischen, damit er noch den Besteckkasten ausräumen kann… So Momente liebe ich und manchmal kommen sie im Alltag ab und zu vor 🙂
    Auf der anderen Seite freue ich mich über jeden einzelnen Fortschritt, der mir auch etwas mehr Freiheit bringt. Aber dann heißt es wieder mehr loslassen…
    Liebe Grüße
    Mia

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