Wenn der Zauber geht…

Wenn der Zauber geht...

Wirbelwind ist jetzt 6 1/2 Jahre alt. Sie geht in die Schule und lernt von Tag zu Tag dazu, was zu unserer Welt gehört. Und was nicht. Irgendwie scheint das auch die magische Grenze zu sein, im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Grenze, an der die Magie verloren geht und die harte Realität bleibt.

Die Sache mit dem Weihnachtsmann

Nach und nach realisiert unser Wirbelwind, dass es manche Dinge wohl doch nicht gibt. Die Sache mit dem Weihnachtsmann zum Beispiel. Irgendwie möchte sie ja doch daran glauben. Einen Wunschzettel hat sie vor der Weihnachtszeit noch emsig gemalt. Doch dann kommen immer wieder diese anderen, älteren Kinder, die behaupten, ihn gäbe es überhaupt nicht. Und dann hat sie letztes Weihnachten sogar gesehen, wie Oma die Geschenktüten unter den Baum gelegt hat! Da stimmt doch was nicht. Nun ja, das Kind ist ja nicht dumm und kann eins und eins zusammenzählen. Unsere Geschichte, dass wir dem Weihnachtsmann helfen, weil er alleine ja schwer alles schaffen kann, hat sie uns wohl auch nicht so richtig abgenommen.

Drachen, Einhörner und andere Fabelwesen

Beim Vorlesen passiert es immer öfter, dass Wirbelwind mich fragt: „Gibt es Drachen?“, oder: „die Hexe gibt es aber nicht in echt, oder?“.

Immer wieder hinterfragt sie die Geschichten und versucht einzusortieren, ob das nun etwas ist, das tatsächlich passieren kann bzw. passiert ist, oder ob sich die Geschichte nur jemand ausgedacht hat. Es ist die Zeit, in der Wirbelwind allmählich begreift, dass die Welt eben nicht nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse oder Richtig und Falsch ist. Sie lernt, dass es ganz viele Facetten dazwischen gibt, und manche Dinge eben gar nicht.

Die Sache mit der Zahnfee

Als ich letztes Jahr die Zahnfee vergaß zu spielen, war sie zunächst sichtlich enttäuscht und später, als sie den Zahnfeebrief erhielt, überglücklich. Stolz zeigte sie ihn im Kindergarten herum. Kleine Zauberfunken verteilten sich im Raum. Es war einfach schön zu sehen, wie ihre Augen strahlten.

Brav spielte ich weiter die Zahnfee und legte ihr auch beim dritten und vierten Zahn Geld unter das Kopfkissen. Letztens dann – wir warten bereits seit Wochen darauf, dass der aktuelle Wackelzahn herausfällt – eröffnet sie mir dann:

Ich weiß, dass Du die Zahnfee bist! Das letzte Mal, habe ich nur so getan, als ob ich schlafe. Und da habe ich gesehen, wie Du in das Zimmer gekommen bist und meinen Zahn gegen das Geld getauscht hast!

Ups. Die Zauberfunken waren plötzlich verschwunden. Was soll ich denn jetzt dazu sagen? Soll ich ihr nun offiziell Geld gegen Zahn tauschen? Soll ich es lassen? Oder soll ich weiter heimlich in der Nacht die Zahnfee spielen und hoffen, dass der Glaube bei Wirbelwind wiederkommt?

Ich weiß es nicht. Aber eines ist klar. Selbst wenn noch ein Funken Zauber in unserem Hause herumschwirrt, dann wird er schwer einzufangen sein und wohl bei der nächsten offenen Tür gänzlich aus unserem Hause wehen.

Aus der Zauber?

Gänzlich? Aber nein! Ich habe ja noch mein dreijähriges Wölkchen. Da wird gerade jede Menge Zauberglitter produziert. Denn wir stecken mitten in der magischen Phase. Zum Beispiel, wenn ich ihr eine Geschichte vorlese und sie anschließend seufzt, dass sie auch mal die Fee oder Elfe oder Prinzessin oder das Mädchen dort sein möchte. Es ist einfach nur zuckersüß zu sehen, welche Fantasie Kinder in dem Alter entwickeln und in welche Welten sie sich träumen können.

Also wollen wir nur hoffen, dass Wirbelwind ihrer Schwester nicht allzu oft die Fenster und Türen öffnet und die Realität ins Hause lässt, so dass der Zauber davon weht. Denn irgendwie möchte ich mir von dem Zauber noch ein wenig bewahren. Denn auch ich möchte ab und an in diese Welt abtauchen und leuchtende Augen bekommen. Zumindest, wenn ich meine Kinder anschaue!

Eure Wiebke

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Wenn der Zauber geht...

5 Comments

  1. 2 März 2019 at 8:55 pm

    Also hier wird es gerade noch ein kleines bisschen zauberhafter, eben weil das Großkind schon in vielen Dingen in der Realität angekommen ist. Wir wissen nämlich beide, dass die Zahnfee meistens die Eltern sind. Aber wir haben den Zahn einfach trotzdem Mal hingelegt und… Ach, im Grunde ist auch egal, woher die kleine Überraschung kommt ? die Freude jedenfalls ist ungetrübt und das Großkind macht sich mit dem neuen Hintergrundwissen daran, seine kleinen Geschwisterkinder oder mich augenzwinkernd eben genau so zu beschenken und überraschen. Ich finde das ganz magisch schön ?

    • 2 März 2019 at 9:07 pm

      Liebe Julia, danke für deinen Kommentar! Das mit dem Augenzwinkern, das werden wir nun wohl auch so machen.
      Das letzte Mal hatte dann der Papa das Geld unter das Kopfkissen gelegt und ich habe Wirbelwind am nächsten Morgen versichert, dass ich es nicht war. Das hat uns noch etwas Aufschub gegeben 🙂
      LG Wiebke

  2. Meta
    Antworten
    2 März 2019 at 8:58 pm

    Oh, was für tolle Bücher liest du denn vor? :)))
    Das ist interessant, dass du das so siehst und so an den Zauber heran gehst … ich mache das ganz anders und sage, dass es xy nicht gibt, aber eine wundervolle Geschichte ist, in die wir uns hinein träumen können … und was wäre, wenn … dann bauen wir etwas nach, eine Höhle auf, usw. und spielen.

    Ich würde ihr vielleicht sagen, die Zahnfee steht dafür, dass wir dein „größer werden“ feiern – und dass die ausfallenden Zähne ein Symbol dafür sind und, wenn sie möchte, könnt ihr das auch weiter feiern und sie findet am nächsten Morgen eine Überraschung unter dem Kissen. Ich denke, dass ist auch spannend. Wann wird Mama rein kommen und was wird unter dem Kissen sein?

    • 2 März 2019 at 9:10 pm

      Das ist eine sehr schöne Idee und eine wundervolle Möglichkeit aus dem Zahnfee-Zauber einen kleinen Funken zu bewahren <3
      LG Wiebke

  3. Torsten
    Antworten
    3 März 2019 at 12:52 pm

    Mir kommt da das Buch „Hoghfather“ in den Sinn (dt. Titel „Schweinsgalopp“), eine sehr schöne Geschichte von Terry Pratchetts Scheibenwelt, die auch kongenial verfilmt wurde. Allerdings FSK12, soll jetzt also nicht unbedingt ein Filmtipp für deine Mädels sein, aber die Moral der Geschichte ist eigentlich eher für Eltern interessant. Es geht um die Frage, warum wir solche Figuren wie den Weihnachtsmann überhaupt erfinden und warum wir diese Magie als so wichtig für unsere Kinder empfinden.

    Die Antwort aus Buch und Film, gegeben vom Gevatter Tod höchstpersönlich, ist die Folgende:
    Wir brauchen diese „kleinen Lügen“ als Fingerübung, denn sie bereiten uns darauf vor, später einmal an die „großen Lügen“ zu glauben: Gnade, Gerechtigkeit, Rechte und Pflichten.
    Zitat, Gevatter Tod: „Zermale das Universum zu feinstem Pulver und siebe es mit dem feinsten Sieb. Du wirst nicht ein Molekül Gerechtigkeit finden, nicht ein Atom Gnade.“

    Diese Dinge, so die Moral, existieren nicht. Doch allein durch unseren Glauben an sie werden sie auf magische Weise real. Es ist laut dem Historiker Yuval Noah Harari sogar genau diese Fähigkeit des Menschen, sich nicht existierende Dinge vorzustellen, die ihn von den Tieren unterscheidet. Es ist die Voraussetzung für Religionen, Rechts- und Regierungssysteme, kurz: Für Zivilisation.

    Das ist jetzt der Hintergrund für die Erwachsenen und jetzt der Part für die Kinder:
    Der Weihnachtsmann mag nicht existieren, aber auch er wird eben doch irgendwie real, wenn wir einmal im Jahr „so tun als ob“. Und vielleicht ist das auch der beste Weg, dieses Thema einem zweifelnden Kind zu eröffnen. „So tun als ob“ kennen Kinder vom Spielplatz und es dürfte für sie mehr als nachvollziehbar sein, dass auch Erwachsene eben mal „so tun wollen als ob“. Wie jedes Spiel muss es darin keinen tieferen Sinn geben außer dem, dass es halt Spaß macht.

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